Teure Corona-Tests an Schulen:Behörden waren früher informiert

Teure Corona-Tests an Schulen: Reguläre Schultests kauft NRW für 1,42 Euro pro Stück, für Bürgertests werden dem Bund 11,50 Euro pro Test in Rechnung gestellt.

Reguläre Schultests kauft NRW für 1,42 Euro pro Stück, für Bürgertests werden dem Bund 11,50 Euro pro Test in Rechnung gestellt.

(Foto: imago images/Michael Weber/Collage:SZ)

Im Fall der Bürgertests an Schulen warnte das Gesundheitsamt Köln bereits im Oktober die zuständigen Behörden. Das geht aus Emails hervor, die SZ, NDR und WDR vorliegen. 

Von Markus Grill und Jana Stegemann, Düsseldorf/Berlin

Im Fall der unnötig teuren Corona-Tests an Schulen in Nordrhein-Westfalen waren die Behörden deutlich früher informiert als bisher bekannt. Wie SZ, NDR und WDR diese Woche berichteten, hat die Firma Sanicum Diagnostics ihre Testcontainer auf dem Gelände mehrerer Schulen aufgebaut und dort Bürgertests auf Kosten des Bundes durchgeführt. Dabei sind für die Testung an Schulen grundsätzlich die Bundesländer zuständig. So kauft zum Beispiel NRW Selbsttests für Schüler zum Preis von 1,42 Euro pro Stück ein und liefert sie an Schulen. Bei Bürgertests hingegen werden dem Bund 11,50 Euro pro Test in Rechnung gestellt.

Wie das Gesundheitsamt der Stadt Köln auf Anfrage mitteilt, wurde es bereits im September 2021 durch den Vater eines Schülers des Gymnasiums Rodenkirchen darüber informiert, dass die Firma Sanicum vor Ort Corona-Tests für Schülerinnen und Schüler anbiete. Am 19. Oktober habe man daraufhin die Kassenärztliche Vereinigung (KV) und das Schulamt "auf den Verdacht eines möglichen Abrechnungsbetrugs hingewiesen".

Der Anwalt der Firma Sanicum teilt auf Anfrage mit, dass seine Mandantin "seit jeher ausschließlich auf Basis der geltenden Gesetzes- bzw. Verordnungslage arbeitet". Außerdem sei der Teststellenbetreiber, wie andere Anbieter auch, "engmaschig und fortwährend überprüft" worden.

Lauterbach: Vorfälle müssen "sorgfältig geprüft werden"

Gesundheitsminister Karl Lauterbach erklärte zum Fall Sanicum, dass es jetzt darum gehe zu prüfen, ob es sich um "mehr als Einzelfälle" handle. Wenn dem so sei, würde es "die Seriosität der Testzentren und der Teststrategie insgesamt beschädigen". Die Vorfälle müssten "sorgfältig geprüft werden". Schließlich sei der Bund am Ende der Geschädigte, "weil wir das bezahlen".

Zuständig für die Abrechnung der Bürgertests an vielen Sanicum-Teststellen ist die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein. Auf die Frage, was sie seit Oktober unternommen habe, antwortet die KV, dass sie das NRW-Gesundheitsministerium kontaktiert habe, "mit der Bitte um Klärung der Rechts- bzw. Sachlage und etwaiger Sanktionen auf Ebene der zuständigen Landesministerien".

Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind einerseits für die Kontrolle der Bürgertests zuständig, gleichzeitig profitieren sie auch von ihnen, da sie von jedem abgerechneten Test 3,5 Prozent als Verwaltungspauschale behalten dürfen.

Das Erzbistum Köln, das bisher einen Kooperationsvertrag mit Sanicum hatte und die Testung an katholischen Privatschulen der Erzdiözese ermöglichte, erklärte gegenüber dem Kölner Stadtanzeiger diese Woche, dass der Kooperationsvertrag mit Sanicum bereits aufgelöst sei, da die Corona-Tests in den Schulen mit den Osterferien enden.

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