Schützenfest:Zwang zum Fremdgehen

Im sauerländischen Dorf Brabecke ist das Schießen auch Frauensache. Und die Schützenkönigin sucht sich nach Fall des Vogels einen neuen Mann.

Im kleinen Sauerlanddorf Brabecke ist das Schützenfest auch Frauensache - und wenn der Vogel gefallen ist, sucht sich die Königin einen neuen Mann.

Schützenfest: Schützenkönigin Elisabeth Gruner mit ihren zwei Männern

Schützenkönigin Elisabeth Gruner mit ihren zwei Männern

(Foto: Foto: dpa)

Für den Schützenwettstreit, der traditionell mit der Armbrust und seit 1975 auch unter Frauen ausgefochten wird, gibt es nämlich eine ganz spezielle Regel: Während die männlichen Schützen-Majestäten traditionell ihre Ehefrauen oder Lebenspartnerinnen zur Mitregentin erheben, ist dies den Schützenköniginnen verboten. "Zwang zum Fremdgehen - aber nur mit fünf Anführungszeichen", lacht der Vorsitzende des Gesangsvereins, Ewald Meschede.

Am kommenden Wochenende ist es wieder soweit: Die Vorfreude auf das dreitägige Fest mit Kaiser-, Königs- und Königinnenschießen ist überall im Dorf zu spüren. Bis auf den Frauentag unterscheidet sich das vom Männergesangsverein ausgerichtete und seit einem halben Jahrhundert stattfindende Fest nicht von den vielen Feiern anderer Schützenvereine der Umgebung.

Knüppel auf den Vogel

"Anfangs haben wir mit Knüppeln auf den Vogel geworfen", erzählt Meschede. Und anfangs hatten nur die männlichen Dorfbewohner die Ehre. Bis 1975. Da überlegten sich einige Frauen zum internationalen Jahr der Frau, nach dem Königsschießen am Montag noch ein Frauenschützenfest anzuhängen. Gesagt, getan - und schon konnte das Dorf einen Tag länger feiern.

Während am Schützenfest-Montag die Frauen auf dem Platz vor der Schützenhalle mit ihren Armbrust-Pfeilen auf den Vogel zielen, sitzt die männliche Dorfbevölkerung im Innern beim Bier. "Wenn der Vogel dann gefallen ist, duckt sich so mancher weg", sagt Meschedes Schwägerin Gisela.

Denn der Schützenkönigin ist es nicht nur verboten, ihren Partner zum Prinzregenten zu wählen, der auserwählte Begleiter darf auch nicht Nein sagen. "So ist das Ganze nicht peinlich für den Mann und auch nicht beschämend für dessen Partnerin", sagt Gisela Meschede.

Prinzregent im Bett

Einmal sei sogar ein Prinzregent aus dem Bett geholt worden, erinnert sich die Brabeckerin. Er hatte sich nach dem Frühschoppen hingelegt und war dann von der neuen Schützenkönigin erkoren worden.

"Da mussten wir mit dem Umzug halt ein wenig warten." Seit einem halben Jahrhundert wird in Brabecke Schützenfest gefeiert. Da bleibt es nicht aus, dass die Ortschaft mit 60 Häusern voller Königsfamilien ist.

"Es gibt noch weiße Flecken", sagt der Vereinsvorsitzende. "Aber nicht mehr viele." Und meist strengen sich vor allem die Frauen beim Schützenwettstreit besonders an, deren Männer bereits am Vortag Schützenkönig wurden.

Auch die noch bis zum kommenden Montag amtierende Schützenkönigin Elisabeth Gruner hat natürlich zwei Männer an ihrer Seite. Neben ihrem zierlichen Gatten Raimund, der 2006 bei den Männer den Vogel abgeschossen hatte, erkor sie nach ihrem eigenen Volltreffer den deutlich gewichtigeren Bernd Nölke aus der Nachbarschaft - ein Prinz für jeden Geschmack.

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