Schüsse am Flughafen von Los Angeles:Amoklauf mit kalter Methode

Schüsse am Flughafen von Los Angeles: Ein Polizist sichert den Terminal 2 am internationalen Flughafen in Los Angeles.

Ein Polizist sichert den Terminal 2 am internationalen Flughafen in Los Angeles.

(Foto: AP)

Am Flughafen von Los Angeles marschiert ein Mann durch Terminal drei und schießt um sich. Er agiert dabei sehr methodisch, sucht sich seine Opfer gezielt aus. Bevor er von der Polizei niedergeschossen wird, tötet er einen Beamten der Transportsicherheitsbehörde und verletzt mehrere Menschen. War sein Motiv Hass auf die Regierung?

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Zwei Sätze dürften in Erinnerung bleiben von dieser schrecklichen Tat am Freitagmorgen auf dem Flughafen von Los Angeles (LAX). Der erste stammt von Patrick Gannon, Polizeichef des Los Angeles World Airports Police. Er sagte: "Wir haben genau diesen Fall vor drei Wochen geprobt, unsere Beamten haben hervorragend reagiert." Nach gerade einmal zehn Minuten sei der Verdächtige niedergeschossen und in Gewahrsam genommen worden.

Das ist in der Tat bemerkenswert - doch noch bemerkenswerter ist, welchen Schaden der mutmaßliche Täter, mittlerweile identifiziert als der 23 Jahre alte Paul Anthony C. aus der Region Los Angeles, innerhalb dieser kurzen Zeit angerichtet hat und welche Strecke er dabei hat zurücklegen können.

Um 9:20 Uhr betrat der Verdächtige den unteren Bereich des Terminal 3 durch den Haupteingang und holte aus einer Tasche ein Sturmgewehr des Modells AR-15. Danach, so Gannon, "eröffnete er das Feuer". Er lief eine Treppe nach oben zur Sicherheitskontrolle, wo er einen Beamten der Transportssicherheitsbehörde (TSA) erschoss.

Er marschierte weiter durch den Terminal, feuerte weiter Schüsse ab und beschimpfte die TSA. Er lief vorbei an Geschäften zu den Flugsteigen. In der Nähe einiger Restaurants wurde er schließlich von zwei Polizeibeamten gestellt. Diese eröffneten das Feuer, trafen den Verdächtigen mit mehreren Schüssen und nahmen ihn schließlich fest. "Die Beamten haben sofort auf den Notruf reagiert und den Verdächtigen sogleich gefunden", sagte Gannon. Erste Meldungen, nach denen der Täter bei diesem Schusswechsel gestorben sei, stellten sich als falsch heraus.

Tödliche Schüsse und Chaos

Der Verdächtige tötete bei seinem Marsch durch den Terminal einen Beamten und verletzte mindestens weitere sechs Menschen - genaue Angaben zu den Verletzten durch den Verdächtigen werden erst in den nächsten Tagen erwartet. Manche Passagiere hätten sich verletzt, weil sie in Panik aus dem Terminal geflüchtet seien. "Es gab sehr viel Chaos", sagte Gannon.

Durch das Chaos ist auch der Flugverkehr erheblich beeinträchtigt worden. Bürgermeister Eric Garcetti sagte in einer ersten Stellungnahme: "Wir bitten alle Menschen, vom Flughafen wegzubleiben." LAX sei - auch aufgrund laufender Renovierungen - derzeit ein "schwieriger Ort für die Anreise auf dem Boden und für die Ankunft aus der Luft." Mindestens 118 Flüge nach LAX wurden gestrichen oder umgeleitet, 135 Flüge von LAX aus wurden gestrichen, mehr als 120 verschoben.

Der Flughafen von Los Angeles gilt als einer mit äußerst strengen Sicherheitsvorkehrungen. Wer sich mit dem Auto nähert, muss anhalten und meist seinen Kofferraum öffnen. Zudem wird auf Schildern darauf hingewiesen, dass jedes geparkte Auto von Beamten durchsucht werden könne. Vor wenigen Wochen ist genau dieser Fall eines einzelnen Täters geprobt worden - und dennoch gelang es dem Verdächtigen, einen Menschen zu töten, mehrere zu verletzen und für Chaos zu sorgen. Das zeigt, dass ein Verbrechen wie dieses kaum zu verhindern ist.

Von offizieller Seite gab es bislang noch keine Auskunft zu einem möglichen Motiv des mutmaßlichen Täters. Augenzeugen indes berichten, dass der Verdächtige immer wieder auf die TSA geschimpft habe. Zunächst wurde vermutet, dass Paul C. ein Angestellter der Behörde gewesen sein könnte - diese Berichte stellten sich als falsch heraus. Die Gewerkschaft amerikanischer Regierungsbeamten stellte klar, dass Paul C. "niemals ein Angestellter der TSA gewesen" sei.

Konkretes Motiv noch unklar

Ein Polizist sagte der Zeitung Los Angeles Times, dass der Verdächtige einen Zettel bei sich getragen habe, in dem er seine Unzufriedenheit mit der amerikanischen Regierung zum Ausdruck gebracht habe und dass er nicht daran interessiert sei, unschuldige Menschen zu töten. Nicht unschuldig in seinem Weltbild waren offensichtlich Mitarbeiter der TSA. Die Behörde war nach den Anschlägen vom 11. September gegründet worden, die Mitarbeiter sind nicht befugt, eine Waffe zu tragen oder Verhaftungen vorzunehmen. Der Täter habe außerdem nach Angaben von Beamten in der vergangenen Woche eine Textnachricht an ein Familienmitglied geschickt, in der er ankündigte, zu sterben bereit zu sein.

Berichten von Zeugen zufolge habe der Verdächtige äußerst methodisch agiert, er sei nicht ziellos herumgelaufen und habe eine kugelsichere Weste getragen. Er sei bei seinem Marsch auf Menschen zugelaufen, habe sie mit seiner Waffe bedroht und sie gefragt, ob sie für die TSA arbeiten würden. Wenn die Menschen diese Frage verneinten, sei er ohne zu schießen weitergelaufen.

Wer am Abend zum Flughafen von Los Angeles fuhr, der konnte erkennen, dass sich die Lage wieder beruhigt hatte. Menschen, deren Flüge gestrichen worden waren, wurden mit Bussen in die umliegenden Hotels gebracht. Man konnte auch sehen, wie wieder regelmäßig Flugzeuge starteten und landeten. Nach offiziellen Angaben werde es jedoch einige Tage dauern, bis wieder der Normalbetrieb aufgenommen werden könne.

Der zweite Satz, der den Menschen im Gedächtnis bleiben dürfte, stammt von Passagier Francis Specker aus dem Bezirk Riverside im Osten von Los Angeles. Er sagte der Los Angeles Times, dass ihn die Schießerei nicht wirklich überrascht habe: "Ich denke, das ist irgendwie das neue Normal, oder?"

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