Schräge Hauptstadthotels (I):Großstadtfantasien

In Berlin Wilmersdorf bietet die Propeller Island City Lodge für jedes Bedürfnis ein passendes Zimmer: Gummizelle, Knast, Therapieraum. Mit Bildergalerie.

Stephan Reinhardt

Das Verrückteste von Berlin ist ohne Zweifel das Bundeskanzleramt. Eine Bausünde, von der man meinen könnte, sie sei wie ein außerirdisches Raumschiff vom Himmel gefallen und dürfe allein aus diesem spektakulären Grund vor dem Reichstag klobig protzen. Originell aber ist anders.

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(Foto: Foto: Lars Storschen)

Zum Beispiel Berlins wahrscheinlich schrillstes Hotel, die "Propeller Island City Lodge", die unweit des Kurfürstendamms ihre Gäste empfängt. Es ist kein "klassisches", kein gewöhnliches Hotel, eher schon ein Kuriositätenkabinett, das der Ex-Musiker Lars Stroschen im Herbst letzten Jahres in Berlin-Wilmersdorf eröffnete.

Seine Gäste übernachten in von Stroschen selbst höchst individuell, in jedem Falle aber äußerst ungewöhnlich gestalteten Zimmern. Zimmer, wie sie in eine pulsierende Großstadt wie Berlin passen. Denn Stroschen zeigt mit seinen Raumgestaltungen einen deutlichen Hang zu eher depressiven Fantasien. Nicht Schönes und Wahres beruhigt die geplagten, Ruhe suchenden einkehrenden Seelen, sondern Wahn, Paranoia und Tod lauert in vielen Zimmern.

In der "Gruft" übernachtet man im Eichensarg-Bett, während man in der mit üppig gepolsterten Wänden ausgestatteten grünen "Gummizelle" wohl vergeblich den Schlaf sucht. Wer mit den Anforderungen des modernen Lebens nicht klar kommt, der kann es ja mit dem "Therapiezimmer" versuchen, wo man sich auf einem umgebauten OP-Tisch bettet. Surreal mutet auch das schmucke Nachtquartier "Upside down" an, bei dem die Möbel an der Decke hängen. Und dem Verfolgungswahn begegnet man am besten mit einer Schocktherapie im Spiegelzimmer. Dort nämlich ist man niemals alleine, sondern begegnet sich selbst in jedem Winkel tausendfach.

Jeder Raum sei "ein Kunstwerk", sagt Hotelier Lars Stroschen, dem vor Jahren als Musiker das Geld ausging und der darum zwei Zimmer seiner großen Wohnung im "Hippie-Stil" untervermietete. Das hat ihn auf den Geschmack gebracht. Mittlerweile kann der 40-Jährige in seiner schrägen Lodge 18 Zimmer anbieten, zwölf weitere kommen Anfang April hinzu. Auf der Website www.propeller-island.de/labyrinth/dt/index.htm kann man bereits die neuen Entwürfe der noch unfertigen Zimmer begutachten.

Dass die eine oder andere Idee mangels Mittel - wie beispielsweise "Grandmas" Stube mit geerbtem Mobiliar - aus der Not geboren wurde, stört kaum einen Gast. Wer auf Zimmerservice und TV jedoch nicht verzichten mag, der ist hier falsch. Schließlich sind die Übernachtungspreise (Reservierungen: 030/8 919 016) für Deutschlands Hauptstadt eher moderat.

(Quellen: sueddeutsche.de/tdt)

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