Schneechaos in Deutschland:Eiszeit für Autofahrer

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Keine Pause für den Räumdienst: Das Schneechaos führte zu zahlreichen Unfällen, Autofahren wurde zur Nervenprobe. Jetzt wird Tauwetter erwartet - doch zu gefährlichem Glatteis kann es nach wie vor kommen.

Rutschpartien auf den Straßen führten deutschlandweit auch an diesem Montag zu vielen Karambolagen und Staus. Auf Bahnhöfen und Flughäfen waren ebenfalls starke Nerven gefragt: Züge und Flüge verspäteten sich zum Teil beträchtlich.

Dieser Lastwagen kam in Schleswig-Holstein bei Glatteis ins Schleudern und kippte um. (Foto: Foto: ddp)

An diesem Dienstag sollen die Temperaturen schon wieder auf zehn Grad über null klettern, das "Weihnachtstauwetter" setzt ein. Die Hoffnung auf eine weiße Weihnacht bleibt trotzdem. "Der Norden wird wohl bis zu den Feiertagen weiß bleiben, denn hier kann sich die milde Luft nicht durchsetzen", sagte Martin Jonas, Meteorologe beim Deutschen Wetterdienst (DWD) in Offenbach. Für den Süden gibt es noch keine genaue Prognose.

Jetzt kommt Glatteis

Der Räumdienst muss weiter auf Hochtouren arbeiten. Weil der Boden noch tiefgefroren ist, kann es in den nächsten Tagen zu Blitzeis auf den Straßen kommen. "Hinter jeder Kurve kann es glatt sein", warnte Bern Löchter, Sprecher des nordrhein-westfälischen Landesbetriebs Straßenbau in Oberhausen.

Viele Fahrer bekamen stundenlang außer Schnee nur die Bremslichter des Vordermanns zu sehen: Zahlreiche Unfälle auf den eisglatten Fahrbahnen führten zu kilometerlangen Staus.

1000 Unfälle in Nordrhein-Westfalen

So etwa auf der A 1 nahe Münster: Dort musste nach dem Unfall eines Lasters in Fahrtrichtung Bremen am Montagmorgen die Autobahn komplett gesperrt werden. Allein in Nordrhein-Westfalen führten Schnee und Glätte auf der Fahrbahn zu knapp 1000 Unfällen. Nach Polizeiangaben wurden dabei fünf Menschen schwer und 47 Personen leicht verletzt. Es entstanden Schäden in Höhe von 2,7 Millionen Euro. Auf der A2 gab es einen 25 Kilometer langen Stau. Probleme traten immer wieder durch Lastwagen auf, die ins Rutschen gerieten.

Trotz der zahlreichen Unfälle bescheinigte die Polizei den Autofahrern allgemein vernünftiges Verhalten im Straßenverkehr. Bei den meisten Unfällen blieb es bei Blechschäden.

Kilometerlange Staus gab es unter anderem auch auf der Autobahn München-Salzburg oder der A1 im Großraum Hamburg. Der ADAC rechnet dort auch zu Beginn der ersten weihnachtlichen Reisewelle an diesem Mittwoch mit Behinderungen.

Den längsten Stau gab es am Sonntagabend auf der Autobahn 1 bei Wuppertal. Dort ging nach Ende des Sonntagsfahrverbots für Lastwagen zeitweise nichts mehr. Das Technische Hilfswerk versorgte die feststeckenden Autofahrer mit heißem Tee und wärmenden Wolldecken. Erst gegen 2 Uhr am Montagmorgen waren die Streufahrzeuge endlich durchgekommen. Der Verkehr rollte wieder.

Ein tragischer Todesfall wurde aus Sachsen gemeldet. In Lohmen erfror ein demenzkranker 84-Jähriger in seinem Garten. Am Wochenende hatte die Kältewelle mit Temperaturen um minus 20 Grad in Deutschland mindestens sieben Todesopfer gefordert.

Verspätungen auf Flughäfen

Rund 300 Flüge hatte die Lufthansa am Wochenende wegen Schneetreibens abgesagt. Der Großteil der übrigen Flüge sei verspätet gewesen, teils bis zu 18 Stunden, sagte ein Sprecher in Frankfurt.

Nach Angaben der Lufthansa waren Passagiere auf andere Flüge umgebucht und teils über Nacht in Hotels untergebracht worden. Einige Menschen verbrachten die Nacht am Frankfurter Flughafen. Doch auch am Montag war Geduld gefragt: Knapp 100 Starts und Landungen wurden bis zum Nachmittag gestrichen. Viele Flieger mussten vor dem Start enteist werden. Für den Abend wurde neuer Schneefall erwartet.

Der Flughafen Düsseldorf nahm am Montag wieder den Betrieb auf. Eine Landebahn war jedoch zunächst noch schneebedeckt und gesperrt. Von 470 geplanten Starts und Landungen seien 20 Verbindungen ausgefallen, sagte eine Sprecherin. Nachdem am Sonntag wegen des Schnees der komplette Flugverkehr eingestellt worden war, hatten etwa 700 Fluggäste die Nacht auf dem Airport verbracht.

"Probleme mit den Weichen"

Auch Bahnreisenden erging es nicht besser: "Wir haben Probleme mit den Weichen", sagte ein Sprecher der Deutschen Bahn in NRW am Montagmorgen. Außerdem seien Signalanlagen ausgefallen. Er sprach von Störungen im gesamten Bundesgebiet.

Zugausfälle hatten schon am Wochenende die Reisepläne von etwa 60.000 Menschen zunichtegemacht, die mit dem Eurostar-Zug durch den Tunnel zwischen Frankreich und Großbritannien fahren wollten. Nachdem am Samstag mehr als 2000 Reisende in liegengebliebenen Zügen mitten im Tunnel gestrandet waren, stellte Eurostar den gesamten Zugverkehr ein. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy bezeichnete die Ausfälle beim Eurostar am Montag als "inakzeptabel für die Reisenden" und bestellte den Präsidenten der französischen Eisenbahngesellschaft SNCF, Guillaume Pepy, in den Elysée-Palast ein.

Den Klimawandel kann die aktuelle Kältewelle nicht aufhalten: Das zu Ende gehende Jahrzehnt war in Deutschland das wärmste seit mindestens 130 Jahren. Das Jahr 2009, das bereits frostig begann, geht als viertkühlstes Jahr dieses Jahrzehnts in die Statistik ein.

Im Video: Nach dem heftigen Wintereinbruch vom Wochenende normalisiert sich die Lage auf Deutschlands Autobahnen und Flughäfen. Laut Wetterdienst werden nun kräftige Niederschläge erwartet.

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