Schneechaos in Deutschland:Ein Wochenende im Winter

Schneeverwehungen, Straßensperrungen, Unfälle und abgesagte Flüge. Das Sturmtief "Daisy" legt den Verkehr lahm, lässt den Norden im Schnee versinken und treibt ein paar seltsame Blüten. Ein Überblick.

Es war zwar nicht so schlimm wie von vielen befürchtet, doch das Sturmtief "Daisy" blockierte am Wochenende den Verkehr in großen Teilen Deutschlands. Nichts ging mehr in vielen Orten: Schneeverwehungen, Straßensperrungen, Unfälle und abgesagte Flüge waren die negativen Folgen, aber der Winter hatte auch angenehme Seiten: So schön konnte man etwa in Berlin noch nie rodeln. Ein Überblick.

Schneechaos in Deutschland: Ein eingeschneites Auto in Soehlen an der Ostseeküste.

Ein eingeschneites Auto in Soehlen an der Ostseeküste.

(Foto: Foto: ddp)

Im Norden

Einige mussten zehn Stunden warten. Circa 170 Autofahrer steckten in der Nacht zum Sonntag bei Jarmen im Kreis Demmin auf der Autobahn A 20 in Mecklenburg-Vorpommern im Schnee fest. Die Schneeverwehungen reichten bei ihren Wagen bis weit an die Fenster hoch, rund fünfzig Autos, zwanzig Laster und auch ein Reisebus mussten von Helfern vom Technischen Hilfswerk frei geschaufelt werden.

In Schleswig-Holstein waren auf der Insel Fehmarn viele Orte nicht mehr über die Straße zu erreichen. Die Insel war praktisch von der Außenwelt abgeschnitten. Für einige Zeit brach auch das Stromnetz zusammen. An der Küste machten Stürme mit orkanartigen Böen den Menschen zu schaffen. In Rostock und Sassnitz war deshalb der Fährverkehr nach Skandinavien schon am Samstag erst einmal eingestellt worden. In Schleswig-Holstein drückte das Hochwasser der aufgewühlten Ostsee an einigen Stellen schwer gegen die Deiche.

In Neustadt, Heiligenhafen und anderen Orten trat die Ostsee über die Ufer. In Travemünde rissen die Wellen der aufgewühlten Ostsee Steine aus der Mauer der Strandpromenade.

Im Osten

Meterhohe Schneeverwehungen auf vielen Landstraßen, Massenkarambolagen auf einigen Autobahnen und zugleich beste Scneeverhältnisse für Wintersportler in den höheren Lagen der Gebirgsregionen kennzeichneten die Situation in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Das erwartete Chaos blieb aus, da die Ordnungskräfte vorgesorgt hatten. So ließ die Polizei südlich von Eisenach auf der Bundesstraße 19, die das thüringische Rennsteig-Gebiet kreuzt, das Autofahren nur mit Schneeketten zu.

Die Autobahnen A 38 zwischen Leipzig und Göttingen sowie die A 4 nahe dem Hermsdorfer Kreuz zwischen Gera und Jena mussten zeitweise gesperrt werden, da sich zahlreiche Lastkraftwagen ineinander verkeilt hatten. Unterdessen meldeten die Wintersportgebiete im Erzgebirge, im Vogtland wie auch im östlichen Harz bestes Skifahrerwetter. Auf dem höchsten Berg im Harz, dem Brocken, lagen am Samstag 70 Zentimeter Schnee.

Im Westen

Der Verkehrsminister hatte die Bevölkerung am Freitag auf das Schlimmste vorbereitet: "Eine Decke im Auto für Notsituationen" empfahl Lutz Lienenkämper, außerdem: "Der Tank sollte voll sein." Die Decken blieben dann doch im Kofferraum liegen. Zwar verzeichnete die Polizei mehr als 1100 witterungsbedingte Verkehrsunfälle, bei denen zwei Menschen getötet wurden. Für die Polizei aber fällt diese Bilanz unter die Rubrik eines "ziemlich ruhigen Tages".

In Berlin

Es war nicht das optimale Wochenende für Berlin-Touristen. Gerade mal fünf Gäste saßen in einem der Doppelstock-Busse, die sich einsam über den Boulevard "Unter den Linden" schoben. Ihr Ziel: das Brandenburger Tor im winterlichen Flockentreiben. Anschließend: das schneeumwehte Reichstagsgebäude; wenig zu sehen war auch vom Fernsehturm am Alexanderplatz. Andererseits konnten Besucher eine ungewohnt leise und leere Hauptstadt erleben. Viele Berliner arrangierten sich indes mit dem Wetter, trafen sich am Teufelsberg und in Parkanlagen zum Rodeln und zur Schneeballschlacht.

In Hessen

Wer den Schnee auf einer Landebahn wegräumen will, braucht mehr als eine simple Schaufel. Und so waren am Frankfurter Flughafen stattliche Konvois aus 17 Fahrzeugen unterwegs, bestehend aus monströsen Kehrblasgeräten und Großstreuern. Sie konnten den Betrieb zwar aufrechterhalten, aber nicht verhindern, dass es für viele Passagiere ein ungemütliches Wochenende wurde.

Am Samstag fielen etwa 250 Flüge aus, am Sonntag waren es bis zum Nachmittag 85. Kalt erwischte der Schnee einen Hausmeister. Er wollte zum Schneeräumen ausrücken, als er bei Bad Vilbel die Gewalt über seinen Kleinbus verlor. Dieser parkte dann mitten auf einer Leitplanke, was im Schneegestöber ein fast surreales Bild abgab. Auch sonst blieb es meist bei Blechschäden - und ein paar Kindertränen. Denn wer noch schnell einen Schlitten erstehen wollte, ging in den meisten Städten leer aus.

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