USA:Erstklässler schießt im Klassenraum auf Lehrerin

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Die Richneck-Grundschule in Newport News. Dass ein Sechsjähriger zur Waffe greift, geschieht auch in den USA eher selten. (Foto: Billy Schuerman/dpa)

Die Polizei geht davon aus, dass der Sechsjährige nach einem Streit mit Absicht schoss. Nun versuchen die Ermittler zu klären, wie die Waffe in die Schule kam.

Ein Erstklässler hat in seiner Grundschule im US-Bundesstaat Virginia auf seine Lehrerin geschossen und sie dabei lebensgefährlich verletzt. Das berichtete die Polizei der Stadt Newport News. Der sechs Jahre alte Schüler der Richneck-Grundschule befinde sich in Polizeigewahrsam. Bei dem Vorfall am Freitagnachmittag seien keine Schüler verletzt worden. Eltern und Schüler wurden in der Sporthalle der Schule wieder zusammengeführt. Die Ermittlungen dauerten an.

Auslöser des Vorfalls sei ein Streit im Klassenraum gewesen, berichtete die New York Times unter Berufung auf die Behörden. Der Junge habe mit einer Handfeuerwaffe einmal auf die Lehrerin geschossen, sagte der Leiter des Newport News Police Department. "Das war kein versehentlicher Schuss." Die Verletzungen der Lehrerin würden als lebensbedrohlich eingestuft, es habe aber "nach dem letzten Update, das wir erhalten haben, eine gewisse Verbesserung gegeben". Nun müsse geklärt werden, woher die Waffe kam und wie sich der Vorfall ereignet habe. Wegen des Alters des Verdächtigen könnten die Ermittler möglicherweise auch die Eltern oder andere Erwachsene in den Blick nehmen. Nach dem Gesetz in Virginia ist es verboten, eine geladene Waffe so aufzubewahren, dass sie für Kindern unter 14 Jahren zugänglich ist.

Fotos und Videos, die nach der Tat aufgenommen wurden, zeigten verängstigte Kinder, Dutzende Polizisten patrouillierten. Trannisha Brown, deren elf Jahre alter Sohn die fünfte Klasse in der Schule besucht, sagte der New York Times, sie habe kurz nach dem Vorfall einen Anruf von ihm erhalten. Er habe sich mit seinen Freunden in seinem Klassenzimmer verschanzt und sich flach auf den Boden gelegt. Im Hintergrund habe sie weinende und verzweifelte Kinder gehört.

Der Leiter der öffentlichen Schulen von Newport News, George Parker, sagte, er stehe unter Schock. "Wir müssen unsere Kinder unterrichten und für ihre Sicherheit sorgen." Schulen in seinem Distrikt verfügten zwar über Metalldetektoren, die Kinder würden aber nicht täglich kontrolliert, sondern vor allem in konkreten Bedrohungslagen. Waffen dürften nicht in die Hände von Jugendlichen gelangen. Am Montag werde die Schule vorerst geschlossen bleiben.

16 Fälle mit Schützen unter zehn Jahren seit 1970

Die Stadt Newport News hat etwa 180 000 Einwohner und ist damit die fünftgrößte Stadt in dem Staat. Sie liegt gut 110 Kilometer südöstlich von Virginias Hauptstadt Richmond. Rund 560 Schüler besuchen US-Medienberichten zufolge die Richneck-Grundschule.

Vorfälle an Schulen mit solch jungen Schützen sind auch in den USA selten. Laut einer von der New York Times zitierten Organisation hat es seit 1970 bisher 16 Fälle mit Schützen unter zehn Jahren gegeben. Bei drei von ihnen seien Sechsjährige beteiligt gewesen, von diesen drei Vorfällen wiederum seien zwei als versehentlich registriert worden.

Der Vorfall in Newport News unterstreicht allerdings die anhaltende Bedrohung durch Waffengewalt an Schulen in den USA. Im Mai waren bei einem Amoklauf an einer Grundschule in Uvalde im US-Staat Texas 19 Kinder und zwei Lehrer ums Leben gekommen.

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Von Hubert Wetzel

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