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Schauspieler wird Komantsche:Johnny "Der-seine-Gestalt-ändert" Depp

Wie er sich als Indianer auf der Leinwand macht, wird erst im kommenden Jahr zu beurteilen sein. Im echten Leben kann sich Johnny Depp aber bereits ab sofort als Komantsche beweisen. Durch Adoption gehört er seit kurzem zu dem nordamerikanischen Stamm. Sein Name: Mah Woo May.

Lena Jakat

Piratenkapitän mit Lidstrich und Fingerhut. Schokoladenfabrikant mit Lippenstift und Zylinder. Vampir mit Gelfrisur und verstaubtem Vokabular. Es ist kein leistungssportverdächtiger Gedankensprung, sich Johnny Depp als Indianer vorzustellen, ein bisschen schräg und metrosexuell vielleicht, irgendwo zwischen Bully Herbig und Pierre Brice.

Wie diese Depp-Idee eines Indianers auf der Leinwand funktioniert, kann jeder bald selbst beurteilen. Mit The Lone Ranger legt Disney eine klassische Zorro-Geschichte aus dem Wilden Westen neu auf. Mit dabei: Johnny Depp als Tonto, der indianische Partner des Rangers. Das erste Bild von den Dreharbeiten ist durchaus vielversprechend. Wer Depp als Indianer bewundern will, muss sich allerdings nicht bis zum Kinostart im Mai kommenden Jahres gedulden. Das geht schon ab sofort, jederzeit: Seit ein paar Tagen gehört der Schauspieler zum Stamm der Komantschen. Bei einer traditionellen Zeremonie wurde er am 16. Mai in Albuquerque im US-Bundesstaat New Mexico in den Kreis der Komantschen aufgenommen.

Wie er zu dieser Ehre kam? Der 48-Jährige wurde adoptiert - von LaDonna Harris. Sie ist Gründerin und Vorsitzende des Interessenverbands Americans for Indian Opportunity. "Warum adoptieren wir ihn nicht?", fragte Harris ihre Familie irgendwann um den Muttertag herum. Dann kontaktierte sie Depp über einen Verwandten, der die Macher von The Lone Ranger in kulturellen Fragen berät. Schnell noch das Placet des Präsidenten der Komantschen eingeholt und - schwupps - wurde aus Johnny Depp Johnny Mah Woo May Depp.

Mah Woo May heißt soviel wie "Der seine Gestalt ändert"; wobei auch "Der sich die Augen schwarzmalt" oder "Der mit der müden Stimme" naheliegende Alternativen gewesen wären. "Johnny mit dem traditionellen Ritus in die Familie aufzunehmen, war so naheliegend", sagte Harris dem Onlineportal Indian Country. "Er ist ein sehr umsichtiger Mensch und sein ganzes Leben und seine ganze Karriere lang hat er Charakterzüge gezeigt, die mit den Werten und dem Weltbild harmonieren, das die Ureinwohner teilen."

Auslöser für die Adoptions-Offensive aus New Mexico, wo Depp derzeit bereits als Komantsche vor der Kamera steht, waren Äußerungen des Schauspielers zu seinen ethnischen Wurzeln. "Ich glaube, ich habe ein bisschen was Indianisches in mir, irgendwo bei meinen Vorfahren", sagte Depp kürzlich dem Magazin Entertainment Weekly. "Meine Urgroßmutter war ziemlich indianisch, sie wuchs als Cherokee oder vielleicht auch als Creek-Indianerin auf."

Allerdings wird Depps Neuentdeckung seines indianischen Erbes nicht überall so begeistert aufgenommen: The Lone Ranger, in den 1930er-Jahren eine Hörspielserie in den USA, war in ihren ursprünglichen Versionen vollgestopft mit Klischees und Vorurteilen. So sprach Tonto gebrochenes Englisch und auch sein Name spricht für sich: Tonto heißt auf Spanisch dumm. Der Film war in den vergangenen Wochen deswegen Gegenstand hitziger Netzdebatten.

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