Süddeutsche Zeitung

San-José-Mine in Chile:Rettungsversuch mit deutscher Beteiligung

Die Rettungsbohrung hat begonnen: Eine australische Maschine gräbt sich in Richtung der verschütteten Bergleute. Ein zweiter Bohrkopf soll die Prozedur beschleunigen - er wurde aus Deutschland in die Wüste geliefert.

Die seit Tagen immer wieder verschobene Bohrung eines Rettungsschachtes für die 33 in einer chilenischen Kupfer- und Goldmine eingeschlossenen Bergleute hat endlich begonnen. Das teilte ein Sprecher der chilenischen Regierung bei der Mine San José in der Atacama-Wüste mit.

Die Bohrungen finden in einem Teil der Mine statt, zu dem die Medien und die Angehörigen der Kumpel keinen Zugang haben. Gleichzeitig müssen in der Tiefe die 33 Eingeschlossenen mit anpacken: Sie müssen in Schichten rund um die Uhr die herunterfallenden Gesteinsbrocken aus dem Weg räumen. Dabei leben sie mit der ständigen Angst, die Bohrungen könnten weitere Einstürze verursachen.

Den Angaben zufolge wird der Rettungsschacht zunächst nur 33 Zentimeter breit sein. Erst wenn ein weiterer Spezialbohrer ihn auf die doppelte Breite gebracht hat, wird der Schacht breit genug sein, um die Bergleute nacheinander bergen zu können.

Der in Australien hergestellte Spezialbohrer Strata 950 werde sich täglich etwa acht bis 15 Meter in die Tiefe vorarbeiten, sagte Bergbauminister Laurence Golborne. Um die Arbeit zu beschleunigen, soll bald ein neuer Bohrkopf sowie ein zusätzlicher Antriebsmotor installiert werden - beide wurden aus Deutschland angeliefert. Dennoch könnte es drei bis vier Monate dauern, bis der Rettungsschacht fertig und die seit dem 5. August in 700 Metern Tiefe Eingeschlossenen an die Oberfläche geholt werden können.

Dutzende Angehörige brachen in der bitterkalten Wüstennacht in Jubel aus und fielen sich mit Tränen in den Augen in die Arme. Sie campieren seit Wochen trotz des harschen Klimas in einer der trockensten Wüsten der Welt in einem Zeltlager bei der Mine, das sie "Esperanza" (Hoffnung) getauft haben.

Den Verschütteten, die über eine enge Röhre mit dem Nötigsten versorgt werden, geht es den Umständen entsprechend gut. Sie zogen inzwischen in einen trockeneren Teil des Bergwerkes um.

Sorgen bereitet den Rettern vor allem die extrem lange Zeit, die die Männer unter Tage werden aushalten müssen. Berichten zufolge sind unter den Verschütteten auch Alkohol- und Drogenabhängige, die nun zum kalten Entzug gezwungen sind.

Unterdessen gab es nach Kritik an der staatlichen Überwachung der Sicherheitsvorschriften in Bergwerken erste personellen Konsequenzen. Der für die Region Atacama zuständige regionale Vertreter des Gesundheitsministeriums, Raúl Martínez, erklärte seinen Rücktritt. Er hatte erst am 28. Juli die Wiedereröffnung der Unglücksmine San José in der Atacama-Wüste genehmigt, nachdem sie wegen eines schweren Arbeitsunfalls geschlossen worden war. Dabei hatte ein Arbeiter im Juli durch Steinschlag ein Bein verloren.

Schon 2007 war die Kupfer- und Goldmine im Norden des Landes wegen mehrerer Arbeitsunfälle und genereller Sicherheitsmängel geschlossen worden. Ein Jahr später hatte die Aufsichtsbehörde Sernageomin den Betrieb jedoch wieder zugelassen. Dabei habe man sich auf den "guten Willen" der Eigentümer verlassen, räumte der frühere Vizedirektor der Behörde, Exequiel Yanes, sein.

Die Aufsichtsbehörde ist in dem liberalen Musterland Chile sehr klein: Nur 18 Fachkräfte sollen die Einhaltung von Sicherheitsvorschriften in der gesamten Bergbaubranche überprüfen. Die aber ist sehr einflussreich, weil sie mehr als die Hälfte der Devisen des Landes erwirtschaftet. Die Regierung kündigte nach dem Unglück in San José am Wochenende die Schaffung einer neuen Aufsichtsbehörde an.

Unterdessen lehnte die Regierung die Forderung der Gewerkschaften ab, die Gehaltszahlungen für alle bisherigen Arbeiter der Mine bis zur Rettung der Eingeschlossenen zu übernehmen. Die Arbeiter befürchten, dass das Minen-Unternehmen San Esteban die Löhne ab September nicht mehr zahlen werde. Bergbauminister Golborne sagte lediglich zu, die Regierung werde bei der Vermittlung der Arbeiter an andere Unternehmen helfen.

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dpa/AFP/apn/kat/liv
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