Russland:Der Schock auf den Stufen

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Der Bus überfuhr auf der Treppe mehrere Menschen. (Foto: Ivan Sekretarev/AP)

Aus rätselhaften Gründen rollt ein Moskauer Linienbus mitten im Einkaufstrubel in eine Fußgängerunterführung. Vier Menschen sterben, neun weitere werden verletzt. Der erfahrene Busfahrer erleidet einen Schlaganfall.

Viele Moskauer dachten in der ersten Schrecksekunde an einen Anschlag - doch die Polizei geht bei dem schweren Busunglück mit vier Toten und einem Dutzend Verletzten von einem Unfall aus. Mitten im dichten Verkehr der russischen Hauptstadt war ein Linienbus am Montag die Treppe zu einer Unterführung hinuntergefahren. Er überrollte etliche Fußgänger. Neun Verletzte wurden auch am Dienstag noch in Krankenhäusern behandelt. Eine Frau schwebte in Lebensgefahr, wie die Agentur Interfax unter Berufung auf Behördenquellen meldete.

Der Busfahrer hat bereits 30 Jahre Berufserfahrung

Schauplatz des Vorfalls war der Kutusowski Prospekt, eine Hauptstraße im Westen der russischen Hauptstadt, an der ein viel besuchtes Einkaufszentrum und die U-Bahn-Station Slawjanski Bulwar liegen. "Ich ging die Treppe hoch, und da raste der Bus donnernd an mir vorbei. Ich habe gar nicht verstanden, was passiert", berichtete eine Augenzeugin namens Galina der Zeitung Moskowski Komsomolez. "Jemand rief: ,Ein Terrorakt!', und alle waren in Panik. Ich bin zu dem Bus gelaufen. Es stank fürchterlich nach Benzin", erzählte ein Mann, der ebenfalls in der Unterführung war. Die Polizei nannte als mögliche Unfallursachen technisches Versagen oder einen Fahrfehler. Der Fahrer wurde festgenommen. Wie das Staatliche Ermittlungskomitee mitteilte, sprach der 58-Jährige in einer ersten Vernehmung von einem Versagen der Bremsen. Er habe die Handbremse gelöst. Darauf habe sich der Bus selbst in Bewegung gesetzt, er habe ihn nicht mehr stoppen können.

Am Dienstag wurde der Mann mit Verdacht auf einen Schlaganfall ins Krankenhaus gebracht. Ärzte erklärten ihn für nicht vernehmungsfähig. In den russischen Medien und im Internet wurde derweil spekuliert, warum der Fahrer mit 30-jähriger Praxis den Bus nicht irgendwie zum Halten gebracht habe.

Von der Unfallstelle wurden Verletzte mit Hubschraubern in Krankenhäuser geflogen. Rettungskräfte zogen den Bus mit einem Kran aus der Unterführung heraus. Die Verwaltung der russischen Hauptstadt ließ den technischen Zustand von 8000 Bussen des öffentlichen Nahverkehrs überprüfen.

Als Zeichen der Trauer wurden Straßenfeiern und Aufführungen in Moskau für Dienstag abgesagt, einige wurden auf andere Tage verschoben. In der Woche vor Neujahr, dem wichtigsten Familienfeiertag im Jahr, machen viele Russen ihre Einkäufe. Die Straßen und Geschäfte sind deshalb voller Menschen wie in Deutschland in den Tagen vor Weihnachten.

© SZ vom 27.12.2017 / SZ, AFP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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