Süddeutsche Zeitung

Rosenmontag:Die Jecken im Rheinland trotzen dem Sturm

In Köln und Düsseldorf finden die Karnevalsumzüge trotz heftigen Windes statt. Die politischen Motivwagen nehmen unter anderem die DSGVO und Friedrich Merz auf die Schippe.

Wegen des Sturmtiefs fanden am Rosenmontag zahlreiche Umzüge verspätet statt. Düsseldorf hatte seinen um etwa zwei Stunden verschoben. Die politischen Wagen waren wie immer originell: wie dieses Exemplar, das die Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz karikiert.

Der diesjährige Rosenmontag war stürmisch. Tief Bennet fegte mit 70 bis 80 Kilometern pro Stunde über Nordrhein-Westfalen hinweg. Für diesen Verkaufsstand in Köln war das zu viel. Wegen des Unwetters mussten Karnevalisten aus Sicherheitsgründen auf tragbare Großfiguren, Fahnen und Schilder verzichten. Auch Pferde und Kutschen waren nicht erlaubt.

"Drinks de eine met?", fragte CDU-Neuvorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer ihren geschlagenen Konkurrenten auf diesem Motivwagen. Zu Hochdeutsch: Trinkst du einen mit? In Köln nahmen die Jecken den Kampf um den Parteivorsitz auf die Schippe. Annegret Kramp-Karrenbauer spritzte mit "Merkel Brut" um sich, ein sehr spärlich mit Haaren bedachter Friedrich Merz bekam die Brühe ab. Jens Spahn stand irgendwie apathisch daneben, die Hände in den Hosentaschen.

Ebenfalls in Köln machte die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) der Europäischen Union die Jecken ganz närrisch. "Do laachs de dich kapott", menetekeln die Narren ob der vielen Datenschutzregeln, an die sich auch mittelständische Unternehmen seit Mai 2018 halten müssen.

Vom Hudson an den Rhein: Auch einige Kostüme sind politisch. Dieser als Freiheitsstatue verkleidete Karnevalist in Düsseldorf bat um einen Ort der Zuflucht.

Natürlich fehlte auch das Thema Dieselkrise nicht. Auf diesem Düsseldorfer Wagen wurde der Dieselfahrer Opfer von Autolobby, Politik sowie der Verbraucherschutzorganisation Deutsche Umwelthilfe. Letztere hatte mit Klagen gegen die Überschreitung von Feinstaubmengen Fahrverbote erstritten.

Die Titanic lässt grüßen: In Köln sank der SPD-Dampfer nach Kollision mit dem Eisberg "Groko". Andrea Nahles und Olaf Scholz spielten derweil Leonardo DiCaprio und Kate Winslet. Wer die berühmte "Titanic"-Filmszene am Bug nicht kennt: DiCaprio sagt "Ich bin der König der Welt!", und Winslet "Ich fliege" - ziemlich gut drauf und den Ernst der Lage verkennend.

In Düsseldorf hob der NS-Propagandaminister Joseph Goebbels einen Björn-Höcke-Säugling in die Höhe.

Kamellewerfen ist einfach: in die Hand nehmen, ausholen, werfen. Falsch gedacht! Zumindest, wenn man den Worten von NRW-Innenminister Herbert Reul glauben will. "Das kann man oder kann man nicht", sagte der CDU-Politiker. Auch üben helfe da nicht weiter. Reul fuhr im Kölner Rosenmontagszug auf dem Wagen der "Roten Funken" mit. "Ein Traum wird wahr", sagte er. Das stürmische Wetter bereitete ihm keine Sorgen: "Alles super, alles gut."

Liebesschlösser sind nicht nur dafür bekannt, furchtbar kitschig zu sein, sie bedrohen auch die Statik zahlreicher Brücken dieser Welt, weil sie dort in Massen aufgehängt werden. Diese Kölner haben eine Alternative gefunden: Sie haben sich einfach selbst als Liebesschloss verkleidet.

Im rheinland-pfälzischen Mainz startete der Umzug pünktlich um 11.11 Uhr - wegen des Sturms allerdings in "abgespeckter Version", wie Zugmarschall Markus Perabo sagte. Auf Pferde musste in diesem Jahr verzichtet werden. Dafür gab es ein "Rindvieh", welches das Klima belastet: einen Bullen mit dem Kopf von Donald Trump.

Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman mit Kettensäge und US-Präsident Trump werden als "Der Mörder und sein Schmutzengel" karikiert.

Buße sieht anders aus: In Düsseldorf wurde die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche anhand eines in der Hängematte faulenzenden Würdenträgers abgebildet.

Ebenfalls in Düsseldorf: Die britische Premierministerin Theresa May durchbohrte mit einer pinocchiohaft langen Brexit-Lügennase die Wirtschaft des Landes - symbolisiert von einem schmächtigen Männchen mit Union-Jack-Melone.

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