Süddeutsche Zeitung

Ronald Schill:Kokain und Hasstiraden

Er war einmal "Richter Gnadenlos": Nun tauchte ein brisantes Video mit Ronald Schill auf. Er spricht über Kokain, erklärt seine Schummeleien beim Drogentest und schimpft über "reinrassige Neger".

Jürgen Schmieder

Er wurde einmal "Richter Gnadenlos" genannt. Als Richter sprach er oftmals hohe Strafen aus, forderte in der Presse eine härtere Gangart gegen Wiederholungstäter und prangerte ein von ihm behauptetes "Kartell strafunwilliger Jugendrichter in Hamburg" an.

Nun gibt es ein 22 Sekunden langes Video im Internet, das den ehemaligen Richter und Innensenator von Hamburg angeblich beim Drogenkonsum zeigt. Schill sitzt auf einem Sofa, er trägt kurze Hosen und ein weites Poloshirt, am Gürtel ein Handy. Seine Haare sind zerzaust, als wäre er gerade aufgestanden. Auf dem Tisch steht eine halbvolle Schnapsflasche. Die Menschen im Raum - sie sind nicht zu sehen - diskutieren über Wohnung und Polizei, genau ist es nicht zu hören.

Dann nähert sich ihm jemand und reicht ihm ein Silbertablett. Schill nimmt es und nimmt zwei Züge von der Substanz, die darauf liegt. Dann gibt es einen Schnitt. Man sieht Schill, wie er entspannt auf dem Sofa lehnt und sagt: "Aber jetzt wirkt das Koks bei mir! Ich fühl mich total wach!"

Es ist bisher nicht geklärt, wer das Video aufgenommen hat, wann es entstanden ist und ob Ronald Schill von der Aufnahme wusste. Nach Informationen von sueddeutsche.de haben Hamburger Landespolitiker das Video bereits vor längerer Zeit gesehen. Man habe sich darauf verständigt, es nicht an die große Glocke zu hängen.

Das bei YouTube eingestellte Video dauert nur wenige Sekunden - laut Medienberichten soll es eine mehrstündige Version geben. Nach Angaben der Hamburger Morgenpost und Bild plaudert Schill darin über sein Leben, seine Karriere als Richter und Politiker sowie über den Versuch, Bürgermeister von Beust mit der Preisgabe von dessen Homosexualität zu erpressen.

Im aufgetauchten Video erzählt Schill nach Medienberichten, wie es ihm gelungen sei, an das negative Kokain-Gutachten zu kommen, das er der Öffentlichkeit präsentierte, als es Spekulationen gab, er konsumiere das weiße Pulver. Wenig später prahlt er in dem Video damit, der bekannteste Kokser Deutschlands zu sein.

Schill behauptet, der Haartest beim Gerichtsmedizinischen Institut in München sei zunächst positiv gewesen. Jedoch sei ein Verfahren angewendet worden, bei dem Kokain bis auf ein zehnmillionstel Gramm nachgewiesen werden kann.

Man habe das Institut daraufhin gebeten, das Verfahren anzuwenden, bei dem eine höhere Dosis Kokain nachweisbar ist. Schill habe wenig später einen neuen Befund erhalten, mit dem er in der Pressekonferenz einen Negativ-Befund präsentieren konnte.

Das Video würde den 49-Jährigen schwer belasten. Schon kurz nach seinem Amtsantritt als Innensenator wurde Schill Kokainmissbrauch vorgeworfen. Schill gab damals eine eidesstattliche Versicherung ab, die sueddeutsche.de vorliegt. Darin versichert er unter anderem, nie in seinem Leben Kokain konsumiert oder "weißes Pulver" zu sich genommen zu haben.

Im Video nimmt Schill laut Bild auch Stellung zu seiner Zeit als Hamburger Innensenator. Er gibt an, schwarze Angeklagte härter bestraft zu haben: "Von mir haben die Neger alle etwas mehr bekommen." Die "reinrassigen Neger" aus Afrika könne er nicht leiden. Deshalb lehne er es auch "aus moralischen Gründen ab", nach Afrika zu reisen.

Zur Person: Schill gründete im Jahr 2000 die Partei Rechtsstaatlicher Offensive und holte 2001 bei der Bürgerschaftswahl auf Anhieb 19,4 Prozent. Seine Zeit als Politiker war von Anfang an von Skandalen begleitet. Ende 2000 ging seine Partei mit der CDU von Ole von Beust und der FDP eine Koalition ein. Schill wurde Zweiter Bürgermeister und Innensenator.

Im Spätsommer 2003 stolperte er über seinen Staatsrat Walter Wellinghausen. Schill wehrte sich gegen die Entlassung seines Vertrauten durch Beust mit dem Vorwurf, dass der Erste Bürgermeister Privates und Politisches miteinander vermische. Sein Vorwurf bezog sich auf Beusts Freund Roger Kusch, den dieser zum Justizsenator gemacht hatte und mit dem Schill ihm eine schwule Beziehung unterstellte.

Im Dezember 2006 wurde Schill zur Aufenthaltsermittlung vom Landeskriminalamt Hamburg zur Fahndung ausgeschrieben. Vor drei Monaten tauchte Schill in Itzehoe auf und wurde daraufhin von der Hamburger SPD vor den Untersuchungsausschuss geladen.

Für eine Stellungnahme zu dem Video sei Schill bislang nicht zu erreichen gewesen, meldete die Morgenpost.

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