Rolling Stones in Kuba:Böse Worte

Wer sich Karten für den Kinofilm über das Konzert der Stones in Kuba kaufen möchte, muss vorsichtig sein: Paypal hat einen Index nicht erlaubter Wörter im Verwendungszweck.

Von Kim Lucia Ruoff

Als Mick Jagger im März dieses Jahres in Havanna ins Mikrofon krächzte: "Die Zeiten ändern sich", da schien es, als krächze er nichts als die Wahrheit. Erst fünf Tage zuvor hatte US-Präsident Barack Obama Kubas Staatschef Raul Castro die Hand geschüttelt, das Handelsembargo gegen den Karibikstaat war schon vor seiner historischen Reise weiter gelockert worden. Und dann gaben auch noch die Rolling Stones ein Konzert in der Hauptstadt des antikapitalistischen Kuba, mit opulenter Bühnenshow und den typischen Plakatmotiven mit herausgestreckter Zunge: vor mehr als einer halben Million Zuschauern.

Komprimierte 120 Minuten Best-of des Konzerts werden Ende September für eine Nacht in ausgewählten Kinos rund um den Globus zu sehen sein. Wer sich nun aber dafür Tickets kaufen möchte und zur Bezahlung das gängige Onlinesystem Paypal nutzt, der sollte sich genau überlegen, was er in die Zeile des Verwendungszwecks schreibt - den Reflex, einfach den Titel des Films abzutippen, sollte man möglichst unterdrücken. "Havana Moon - The Rolling Stones Live in Cuba" enthält gleich zwei böse Wörter, die Paypal nicht mag.

Havana Prepares For Rolling Stones Concert

Foto: Joe Raedle/Getty Images

Der Filmtitel gebe Hinweise darauf, dass es sich womöglich um einen Verstoß gegen die US-Handelssanktionen handle und würde deshalb "genauer geprüft", sagt die Paypal-Sprecherin Sabrina Winter am Telefon. Das heißt in diesem Fall: Die Transaktion wird storniert. Fast 100 Kunden, die im Verwendungszweck den vollen Titel des Konzertfilms angegeben hatten, bekamen ihr Geld von Paypal zurücküberwiesen, aber eben auch keine Kinokarten. Sie bestellten ihre Tickets über die Kinokette UCI, die den Verwendungszweck festgelegt hatte. "Das Problem poppte bei uns auf, nachdem sich mehrere Kunden gemeldet hatten, bei denen die Zahlung zurückgegangen ist", sagt eine UCI-Sprecherin. Auf Nachfrage bei Paypal habe sich dann herausgestellt, dass die Stichwörter "Cuba" und "Havana" im Verwendungszweck die Stornierung ausgelöst hätten.

Neben "Cuba" und "Havana" bringen auch Begriffe wie "Damaskus" und "Nordkorea" die Alarmglocken des Online-Bezahldiensts zum Schrillen, es ist sogar so: Auf Verdacht könne das Unternehmen Nutzerkonten sperren oder weitere Informationen über Sender und Empfänger der Transaktion einholen, sagt Sprecherin Winter. Wer also den Online-Kauf eines Küchenmessers aus Damaszener Stahl oder eines Buches über nordkoreanische Geschichte erwägt, sollte sich eventuell einen Decknamen für die Überweisungen überlegen.

Die rigorose Durchsetzung der US-Sanktionen durch Paypal ist in Deutschland seit Längerem ein Streitthema. Nachdem das Unternehmen ein Konto des Dortmunder Ticketanbieters Proticket gesperrt hatte, weil dieser Karten für das Musical "Soy de Cuba" angeboten hatte, entschied das Landgericht Dortmund, dass Paypal das Konto wieder freigeben müsse. Unter Androhung einer Strafzahlung in Höhe von 250 000 Euro argumentierte das Gericht, dass "im vorliegenden Fall zunächst deutsches Recht zur Anwendung komme".

Für alle Rolling-Stones-Fans mit Retourüberweisung gibt es allerdings eine einfachere Lösung. Die Kinokette hat den Verwendungszweck schlicht auf "The Rolling Stones" gekürzt.

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