US-Justiz:Für immer Mörder und Symbol

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Der Beginn eines Lebens im Gefängnis: Sirhan Sirhan (vorne rechts) mit seinem Anwalt im Juni 1968, kurz nach der Ermordung Robert Kennedys. (Foto: dpa)

Nach mehr als 50 Jahren Haft stand jener Mann, der 1968 Robert F. Kennedy erschoss, kurz vor der Freilassung. Jetzt ist klar: Sirhan Sirhan wird das Gefängnis so schnell nicht mehr verlassen.

Von Moritz Geier

Mehr als ein halbes Jahrhundert hatte Sirhan Sirhan schon im Gefängnis gesessen, dann durfte er sich doch noch einmal Hoffnungen machen. 15 Mal war er im Lauf der Jahre vor Bewährungsausschüssen erschienen, 15 Mal war sein Antrag auf vorzeitige Freilassung abgeschmettert worden. Beim 16. Mal aber, im August 2021, war auf einmal alles anders: Der Ausschuss sprach sich tatsächlich dafür aus, diesem Mann die Freiheit zu schenken, dem Mann, der am 5. Juni 1968 den Lauf der amerikanischen Geschichte veränderte, als er im Ambassador Hotel in Los Angeles Robert F. Kennedy erschoss, den gefeierten Bewerber um die demokratische Präsidentschaftskandidatur.

"Wir glauben, dass Sie sich weiterentwickelt haben", sagte ein Ausschussmitglied damals, Sirhan Sirhan stelle keine Gefahr mehr dar für die Gesellschaft. An mehr als 20 verschiedenen Kursen habe er teilgenommen, Wutbewältigung, Tai Chi, Anonyme Alkoholiker. Sirhan Sirhan blieb zwar weiterhin bei seiner Version, dass er zu betrunken gewesen sei, um sich an den Mord zu erinnern, immerhin aber deutete er mehrmals an, Verantwortung übernehmen zu wollen. Der geborene Palästinenser hatte an Kennedy vermutlich seinen Hass auf den israelischen Staat ausgelassen - weil der Demokrat dem Land Unterstützung versprochen hatte.

Für eine Freilassung soll er nicht geeignet sein

Spätestens seit Mittwoch ist nun allerdings klar, dass Sirhan Sirhan seine Hoffnungen auf ein Leben in Freiheit auf längere Zeit hin aufgeben muss. Den ersten Rückschlag musste er schon vor einem Jahr einstecken, als Kaliforniens demokratischer Gouverneur Gavin Newsom die vorzeitige Freilassung persönlich verhinderte. Und nun entschied am Mittwoch Kaliforniens Bewährungsanhörungsausschuss nach einem neuerlichen Antrag Sirhans, dem mittlerweile 78-Jährigen eine Bewährung mindestens für die nächsten drei Jahre zu verweigern. Er sei nicht geeignet für eine Freilassung, hieß es, eine umfassende Begründung soll erst in ein paar Wochen veröffentlicht werden. Sirhan Sirhan wird also noch ein paar weitere Jahre seines Lebens in der Richard J. Donovan Correctional Facility in San Diego verbringen.

Keine Aussicht auf Freiheit: Sirhan Sirhan bleibt vorerst im Gefängnis. (Foto: dpa)

Gouverneur Newsom hatte seine Entscheidung im Januar 2022 auch in einem Gastbeitrag in der Los Angeles Times erklärt. "Ich muss die Bewilligung seiner Bewährung aufheben", schrieb er damals. Nachdem er den Fall eingehend studiert habe, auch Unterlagen im kalifornischen Staatsarchiv, habe er festgestellt, dass Sirhan nicht die nötige Einsicht entwickelt habe, "die erforderlich sei, um eine sichere Eingliederung in die Gesellschaft zu unterstützen". Die offenkundigsten Beweise dafür seien "sein wechselndes Narrativ der Ermordung", seine Versuche, Verantwortung abzuwälzen, und seine Erklärung, sich plötzlich nicht mehr erinnern zu können. Eine Freilassung würde die öffentliche Sicherheit gefährden, schrieb Newsom. Sirhan bleibe ein mächtiges Symbol politischer Gewalt.

In seinem Gastbeitrag hob Newsom auch die geschichtsträchtige Bedeutung der Tat hervor. Die Amerikaner hätten damals einen "Vereiner" verloren, in Zeiten nationalen Aufruhrs. Nur wenige Wochen vorher war Martin Luther King erschossen worden, auch die Ermordung des Präsidenten John F. Kennedy war keine fünf Jahre her. Robert Kennedy hatte sich im Kabinett seines Bruders als Justizminister einen Namen gemacht. In weiten Teilen des Landes war er beliebt, weil er entschieden gegen Rassendiskriminierung eintrat und das organisierte Verbrechen bekämpfte.

Robert F. Kennedy war ein mitreißender Redner und vielversprechender Präsidentschaftskandidat. (Foto: AP)

In den vergangenen Jahren hatte sich auch ein Großteil der Kennedy-Familie gegen eine Freilassung Sirhan Sirhans ausgesprochen, darunter Robert Kennedys Witwe Ethel. Nur zwei ihrer neun noch lebenden Kinder, Robert Kennedy Junior und Douglas Kennedy, unterstützen der LA Times zufolge eine Bewährung für den Mörder ihres Vaters.

Sirhan Sirhan war 1969 eigentlich zum Tode verurteilt worden. Nachdem der Oberste Gerichtshof Kaliforniens 1972 allerdings ein Moratorium auf die Vollstreckung von Todesurteilen verhängt hatte, wurde seine Strafe in lebenslange Haft umgewandelt.

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