Richter sehen Fluchtgefahr:Polanski bleibt in Auslieferungshaft

Die Schweizer Justiz lehnt eine Haftentlassung für Regisseur Roman Polanski ab - die Richter sehen zu hohe Fluchtgefahr. Es ändert nichts, dass seine Gesundheit angeschlagen ist.

Die Schweizer Justiz hat eine Haftentlassung des wegen sexuellen Missbrauchs einer Minderjährigen angeklagten Starregisseurs Roman Polanski abgelehnt. Es bestehe hohe Fluchtgefahr, erklärte das Bundesstrafgericht in Bellinzona seine Entscheidung.

Immerhin habe sich Polanski bereits 1978 durch seine Ausreise nach Europa dem Strafverfahren in den USA entzogen. Noch heute sei Polanskis Motivation zur Flucht groß, da ihm bei einer Verurteilung theoretisch 50 Jahre Gefängnis drohten, sagten die Richter. Zudem drohe ihm bei einer Auslieferung an die USA eine "empfindliche Trennung" von seiner Frau und seinen beiden Kindern.

Eine Flucht wäre Polanski nach Einschätzung des Gerichts in der Schweiz innerhalb weniger Stunden möglich. Auch der Einzug seiner Ausweisdokumente biete keine Sicherheit, da der Regisseur sich als Staatsbürger Polens und Frankreichs rasch Ersatz beschaffen könne.

47 Tage in Haft

Der 76-jährige Polanski war Ende September bei seiner Einreise in die Schweiz festgenommen worden. Er hatte sich 1977, im Alter von damals 43 Jahren, in den USA an einer 13-Jährigen vergangen. Er bekannte sich schuldig und saß dafür zunächst 47 Tage im Gefängnis, floh aber vor der Urteilsverkündung nach Europa und kehrte seitdem nicht mehr in die USA zurück.

Der Sprecher des zuständigen Bundesamtes für Justiz in Bern, Folco Galli, wollte Medienmeldungen, nach denen Polanski im Krankenhaus liegt, nicht bestätigen. "Herr Polanski befindet sich weiterhin in Auslieferungshaft", sagte Galli. "Selbstverständlich bekommt er jedwede medizinische Betreuung, wenn es nötig ist", fügte er hinzu.

Bisher kein Auslieferungsantrag

Allerdings hätten die Ärzte nach einer Untersuchung davon Abstand genommen, Polanski zu operieren, denn der Eingriff sei nicht dringend, sagte Polanskis Anwalt Georges Kiejman. Seine gesundheitlichen Probleme hätten "keine direkten Folgen" für die Auslieferungshaft. Woran Polanski leidet, sagte der Anwalt nicht.

Kiejman sowie Galli bestätigten außerdem, dass die USA immer noch keinen offiziellen Auslieferungsantrag gestellt haben. Da sie 40 Tage dafür Zeit hätten, könne das noch dauern, sagte der Anwalt. Seit Tagen erwarte man von der Schweizer Justiz auch eine Entscheidung über eine vorläufige Haftentlassung.

Galli sagte, es liege bisher aus den USA kein Hinweis vor, dass die dortige Justiz die Frist für eine offizielle Auslieferung des Regisseurs, der neben der polnischen auch die französische Staatsbürgerschaft hat, verlängern wolle.

Laut Kiejman soll Polanski sein Schweizer Ferienhaus, das den Großteil seines Vermögens darstelle, als Sicherheit angeboten haben, um aus der Haft entlassen zu werden. Er würde bei einer vorläufigen Haftentlassung bis zur Entscheidung in der Schweiz bleiben, sagte der Anwalt. Nach Medienberichten gehört Polanski im Prominentenort Gstaad allerdings nur eine Millionen-teure Wohnung, für die er Steuern vor Ort zahlt.

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