Deutscher Adel:Gib mir mein Schloss zurück

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Besucher gehen über eine Brücke auf das Gelände der Burg Rheinfels, die momentan als Hotel betrieben wird. Der Chef des Hauses Hohenzollern fordert den einstigen Familienbesitz zurück - seine Klage soll an diesem Donnerstag in Koblenz verhandelt werden. (Foto: dpa)

Der Ururenkel von Wilhelm II. verklagt ein Bundesland, eine Stadt und einen Hotelier auf Herausgabe der Burg Rheinfels. Für die Stadtbewohner ist das ein emotionales Thema.

Von Susanne Höll, St. Goar

Noch ist es recht ruhig im rheinland-pfälzischen St. Goar. Im Sommer ist in den Gässchen oft kein Durchkommen, Touristen aus aller Herren Länder zieht es an den Rhein. Viele auch auf die Burg Rheinfels, hoch über dem Fluss. Um eben jene alte Festung hat sich ein in mancherlei Sicht kurioser Rechtsstreit entsponnen, der das Städtchen womöglich teuer zu stehen kommen könnte.

Vor dem Landgericht Koblenz wird an diesem Donnerstag eine Klage verhandelt, von Georg Friedrich Prinz von Preußen, des Ururenkels von Kaiser Wilhelm II., gegen das Land Rheinland-Pfalz, die Stadt St. Goar und den Unternehmer Gerd Ripp. Letzterer betreibt ein recht nobles Hotel inmitten der Burg, die in Teilen eine Ruine ist. Der Chef des Hauses Hohenzollern fordert die Anlage zurück, die seiner Familie von Mitte des 19. Jahrhunderts an einmal gehörte.

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1924, nach dem Ende der Kaiserzeit, ging sie ins Eigentum der Kommune über, verbunden mit der Auflage, Rheinfels nicht zu verkaufen. Das hat die Stadt auch nicht gemacht, sie aber vor mehr als 20 Jahren an Hotelier Ripp verpachtet, für 99 Jahre, mit der Option, diesen Vertrag um weitere 99 Jahre zu verlängern. Das gehe nicht, argumentiert der Prinz in einer 300 Seiten starken Klage. Er will unter Berufung auf eine sogenannte Rückauflassungsvormerkung im Grundbuch die Anlage zurück.

Die Burg als Lebenswerk

Hotelier Ripp glaubte an einen Karnevalsscherz, als er im Februar die Klageschrift zugestellt bekam. Der 62-Jährige wurde schnell eines Besseren belehrt. Für ihn ist die Burg sein Lebenswerk. Als junger Mann kam er 1982 auf den Berg, wurde Geschäftsführer des damals kleinen Hotels, das zu jener Zeit die Fabrikanten-Familie Homann gepachtet hatte - allerdings nur mit einer Laufzeit von jeweils fünf Jahren - und vornehmlich als Ort für Jagdtreffen nutzte. Ripp baute das Geschäft aus, übernahm später das Hotel und investierte Millionen. 24 000 Gäste hat sein Haus im Jahr, einen Wintergarten und eine Terrasse mit spektakulärem Blick auf den Rhein.

Die Luftaufnahme mit einer Drohne zeigt Burg Rheinfels: Teile der Burg sind nicht bewohnbar. (Foto: dpa)

Ripp macht sich Sorgen um seinen Besitz, bereits geplante Ausbauten wurden nun erst einmal zurückgestellt. Er hatte zwischenzeitlich Kontakt mit Beauftragten des Hauses Hohenzollern, die, wie er sagt, erkennen ließen, dass sie weder ihm noch seinem Hotel etwas Böses wollten. "Der Prinz will hier weder wohnen noch leben. Ich glaube, er will einfach nur sein Recht", sagt er. Ripp erweckt den Eindruck, dass er sich zur Not mit einem neuen Besitzer der Burg arrangieren könnte, solange sein Engagement nicht leidet.

Ernten, ohne gesät zu haben

Für die Stadt sieht die Sache prinzipiell schlechter aus. Bürgermeister Horst Vogt empfängt im Rathaus, direkt am Fluss, und blättert in einer Akte mit vergilbten Seiten in Sütterlinschrift und handgezeichneten Darstellungen der Burg, erbaut 1245 von einem Grafen mit dem schönen Namen Katzenelnbogen und Ende des 18. Jahrhunderts von siegreichen französischen Truppen gesprengt. Vogt gibt zu verstehen, dass die Leute im Ort entsetzt seien über die Rückforderung. Er selbst ist das auch, spricht von einem "Beutezug am Rhein" und von Leuten, "die ernten wollen, was sie nicht gesät haben".

71 000 Euro Pacht bekommt die verschuldete Stadt nach seinen Worten im Jahr von Ripp, auch läge Geld für die 2029 oder 2031 geplante Bundesgartenschau im Mittelrhein-Tal wegen des Rechtsstreits auf Eis. Auch seien die Gefühle der Bewohner verletzt. Viele hätten vor Jahrzehnten dort bei Aufräumen geholfen und Steine geschleppt. Die Klage sei ein hochemotionales Thema. "Die Burg ist das Herz der Stadt. Und man weiß ja, was geschieht, wenn ein Herz nicht mehr schlägt", sagt der Bürgermeister.

Wie lange der Rechtsstreit noch dauert, ist ungewiss. An diesem Donnerstag wird keine Entscheidung erwartet, allenfalls eine Aufforderung zur außergerichtlichen Einigung. Wie die zustande kommen sollte, ist dem Bürgermeister bislang ein Rätsel. Mit Ripp ist er sich einig, dass sich der Streit über Jahre hinziehen dürfte. Wer immer unterliegt, dürfte in die nächste Instanz ziehen, bis zu den höchsten deutschen Gerichten. Hotelier Ripp jedenfalls glaubt: "Die Sache wird letztendlich in Karlsruhe entschieden."

© SZ vom 23.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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