Süddeutsche Zeitung

Rechtsstreit um Affen-Selfie:Streit über Affen-Selfie beigelegt

  • Die Tierschutzorganisation Peta und der Fotograf David Slater haben sich im Streit um ein Affen-Selfie außergerichtlich geeinigt.
  • Demnach wird Slater 25 Prozent der künftigen Einnahmen aus den Fotos gemeinnützigen Organisationen stiften.
  • Peta hatte den Fotografen im Namen des Affen verklagt, um die Bildrechte des Tieres geltend zu machen.

Von Laura Hertreiter

Der große Streit um das Foto, auf dem ein Affe breit in die Kameras grinst, hat Jahre gedauert, er hat einen britischen Tierfotografen offenbar an den Rand des Ruins getrieben, er hat die dunkle Seite des Tierschutzes gezeigt. Jetzt ist er beigelegt, wie die Anwälte am Dienstag mitteilten. Man habe sich in einem Vergleich darauf geeinigt, dass sich Mensch und Tier die Erlöse an dem berühmten Affenselfie gewissermaßen teilen.

Die Geschichte jenes Streits begann damit, dass ein Schopfmakak auf der indonesischen Insel Sulawesi freundlich in die Kamera des Tierfotografen David Slater grinste. Der Brite war angereist, um die vom Aussterben bedrohte Affenart zu fotografieren. Er verbrachte mehrere Tage mit den Tieren, erzählte er später. "Als sie Vertrauen gefasst haben, interessierten sich einige von ihnen für das Klicken der Kamera." Er habe das Gerät auf einen Stativ montiert und die Affen mit Futter angelockt. "Bis sie begannen, Selfies zu knipsen." Selfies, die erst einmal eine kleine Sensation waren.

Sie wurden auf Magazintitel, Tassen und T-Shirts gedruckt, im Internet hunderttausendfach geteilt. Rasch überschatteten aber juristische und philosophische Fragen den Erfolg. Kann Slater überhaupt die Rechte an den Sensations-Selfies haben, wo doch der Affe den Auslöser gedrückt hatte? Kann auch ein Tier ein Fotograf sein und die entsprechenden Rechte besitzen? Oder ist es bloß Objekt?

Als Webseiten, darunter Wikipedia, die Bilder unter Berufung auf die Grauzone ohne Bezahlung veröffentlichten, geriet Freiberufler Slater in einen Rechtsstreit mit der Wikimedia Foundation und verlor. Das amerikanische Urheberrechtsamt entschied, jeder dürfe das Bild frei veröffentlichen. Dann kamen die Tierschützer.

Peta, nach eigenen Angaben mit mehr als fünf Millionen Unterstützern die weltgrößte Tierrechtsorganisation, verklagte Slater 2015 im Namen des Affen. Urheber- und Lizenzrechte am Bild sollten dem Tier zustehen, argumentierte Peta, also letztlich: das Geld. Es sei klar, "dass Naruto die Fotos selbst aufgenommen hat, und zwar absichtlich, zielgerichtet und ohne Hilfe". Der Name des Affen, Naruto, wurde zum Kampfbegriff, der Prozess ein Kampf um die Währung, von der Tierschutzorganisationen leben: Aufmerksamkeit.

Seit sich Spendengelder über Klicks, Shares und Likes generieren lassen, sorgen Tierschützer immer wieder mit spektakulären oder umstrittenen Aktionen dafür. Diesmal wurde für die gute Sache ein Mann vor Gericht gezerrt, der von sich selbst sagt: "Ich bin Tierfotograf geworden, weil mich nichts mehr fasziniert, als in Freiheit und Würde lebende Tiere."

Der Streit trieb David Slater an den Rand des Ruins. Vor einigen Wochen erst erzählte te er, er habe aufgehört zu fotografieren, gebe jetzt Tennisstunden und führe Hunde spazieren, um seiner Tochter Geburtstagsgeschenke kaufen zu können. Den Prozess, der zuletzt vor einem Berufungsgericht in San Francisco verhandelt wurde, verfolgte er zu Hause am Laptop, eine Anreise konnte er sich nicht leisten.

Eine Lösung, mit der Mensch und Tier leben können

Nun ließ Slater seinen Anwalt mitteilen, er habe sich bereit erklärt, 25 Prozent aller künftigen Einnahmen durch das Foto dem Schutz von Schopfmakaken in Indonesien zu spenden. Er habe sich mit Peta darauf verständigt, dass beiden Seiten die Ausweitung der Fotorechte von "nichtmenschlichen Wesen" wichtig sei. Ein Anliegen, das tatsächlich drängt, seit nicht nur Affen, sondern auch Maschinen Bilder knipsen, und in denen indischen Flüssen der Rechtsstatus von Menschen zugesprochen wird.

Beide Seiten baten daher das Berufungsgericht nach eigenen Angaben, die Klage abzuweisen und einigten sich auf den Vergleich. Das klingt nach einer Lösung, mit der Mensch und Tier leben können. Wäre da nicht die unheimliche Frage, die in dem Prozess über David Slaters persönliches Schicksal hinaus mitverhandelt wurde: Kann jeder im Namen irgendeines Tieres vor Gericht ziehen? Ist das die Munition, mit der künftig für Tierrechte gekämpft wird? Diese Frage bleibt unbeantwortet, vorerst.

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