Reaktionen aus Finnland:"Lordi, Lordi, wie hast du das gemacht?"

Die Skandinavier haben freudig, feucht und fassungslos auf den souveränen Sieg von Lordi in Athen gefeiert. Früher erhielten die Finnen meist null Punkte, doch dieses Mal standen sie ganz oben. Auch der Ministerpräsident lobte die Monsterrocker.

Der 50 Jahre alte Matti Vanhanen nannte Lordi auf seiner Internetseite "beeindruckend". Um jedoch nicht als Wendehals zu gelten, verwies der selbst Biederkeit ausstrahlende Regierungschef darauf, dass er sich ja schon vor einem Jahr bei einer Japan-Reise als Heavy-Metal-Fan geoutet habe. Denn anfangs war Lordi im Norden mehr als umstritten.

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Selbst der finnische Ministerpräsident Matti Vanhanen ist nun Lordi-Fan

(Foto: Foto: Reuters)

Die Zeitung Helsingin Sanomat fragte am Sonntag auf der Titelseite "Lordi, Lordi, wie hast du das gemacht?" und konfrontierte die Leser mit der bisher landesüblichen Kette von "Demütigungen, Frustrationen und null Punkten" bei 50 voraufgegangenen Schlagerfestivals der Eurovision: "Eigentlich gilt, dass erst intelligente Wesen auf dem Mars entdeckt werden müssen, ehe Finnland beim Contest gewinnt."

Entsetzen nach Sieg auf nationaler Ebene

Diese vermutlich lange Wartezeit haben nun ausgerechnet vier extrem abstoßend maskierte und kostümierte Heavy-Metal-Musiker mit "Hard Rock Hallelujah" entscheidend abgekürzt.

Das hatte zunächst keiner erwartet. Als der 32-jährige Sänger Tomi Putansuu mit Teufelshörnern und Hackebeil die finnische Vorentscheidung sensationell gewonnen hatte, präsentierte das Fernsehen praktisch am Fließband Aussagen entsetzter Mitbürger: "Und so was soll nun unser Finnland vertreten? Eine Schande ist das!"

Je mehr sich aber abzeichnete, dass der singende "Teufel" samt Zombie-Gitarristen, einer Walküre an den Keyboards sowie einer Mumie hinter den Drums auch anderswo in Europa mehr Begeisterung als Entsetzen auslösen könnte, desto klarer schwenkte die Stimmung daheim um.

Als selige Lordi-Fans outeten sich in der Nacht zum Sonntag Hunderttausende Finnen zwischen Helsinki und Rovaniemi in Lappland, der Heimatstadt der Band weit nördlich vom Polarkreis. Für große Freudenfeiern im Freien war es landestypisch einfach zu kalt und auch wieder mal zu verregnet.

Feiern in Kneipen

Die Finnen bejubelten ihren größten nationalen Triumph seit den Formel-Eins-Erfolgen von Mika Häkkinen deshalb lieber in Kneipen, Clubs oder daheim. "Hard Rock Hallelujah" habe überall im Land bis in den frühen Morgen volle Pulle gedröhnt, und nicht eine Beschwerde sei eingegangen, verkündete die Polizei. Nun können sich die finnischen Grand-Prix- und Rockfans auf den Grand Prix 2007 im eigenen Land freuen.

Wahrscheinlich erst Ende der Woche soll ein "Volksfest" für die Monsterrocker in Helsinki steigen. Auch hier wollen die Eurovisions-Champions ihre schrecklichen Verkleidungen nicht ablegen.

"Lordi, das sind die Masken. Die Leute dahinter interessieren nicht", meinte Sänger Putansuu nach dem Sieg in Athen. Der freundliche Finne sagte das mit solcher Herzenswärme, dass er fast das Latex seiner Teufelsmaske zum Schmelzen brachte.

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