Süddeutsche Zeitung

Raumstation ISS:Wie funktioniert eine Weltraumtoilette?

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In der Internationalen Raumstation ISS ist die einzige Toilette kaputt. Ein Anruf bei Ulrich Walter, der ganz genau weiß, wie viel Treffsicherheit bei der Benutzung einer Weltraumtoilette nötig ist.

Interview: Laura Weißmüller

In der Internationalen Raumstation ISS ist die einzige Toilette kaputt. Auch die Toilette der "Sojus"-Kapsel, die den Astronauten zunächst als Ersatz gedient hat, habe "ihre Kapazität erreicht", wie die Nasa es ausdrückt. Wie eine Weltraumtoilette funktioniert und warum bei der Benutzung Treffsicherheit eine Rolle spielt, kann Ulrich Walter erklären. Der Professor für Raumfahrttechnik der Technischen Universität München war 1993 selbst im All.

SZ: Ist es schwierig, eine Weltraumtoilette zu benützen? Walter: Wenn man genau weiß, wie es geht, eigentlich nicht. Aber Sie müssen schon einmal auf so einem Ding gesessen haben, damit Sie wissen, wo die Schwierigkeiten liegen. Deswegen gibt es bei der Nasa einen eigenen Toilettenkurs, bei dem Sie auf einer Trainingseinrichtung üben können.

SZ: Was lernt der Astronaut da? Walter: Das Problem beim Stuhlgang ist, dass man in ein ziemlich kleines Loch treffen muss. Dieses Loch darf nicht zu groß sein, denn sonst würde der Luftdruck nicht ausreichen, und deswegen baut man es so klein wie möglich. Dadurch wird das Treffen aber natürlich schwieriger.

SZ: Wie kann man sich eine Toilette im All vorstellen? Walter: Das ist ein Art Traktorsitz mit einem Loch in der Mitte, das ungefähr den Durchmesser einer Faust hat. Dann gibt es noch zwei stoffbezogene Bügel, die man sich über die Oberschenkel ziehen muss, damit diese nach unten gedrückt werden.

SZ: Können Sie erklären, wie so eine Weltraumtoilette funktioniert? Walter: Mit Unterdruck. Luft strömt ein und reißt alles mit sich. Das wird dann nach unten in einen Hohlraum getragen, wo ein Filter die Feuchtigkeit herausfiltert. Zusätzlich gibt es einen Tank, der Urin aufnimmt. Der Urin wird üblicherweise über einen Schlauch abgegeben.

SZ: Was macht man, wenn man bei einem Außeneinsatz auf's Klo muss? Walter: Wenn Sie was Größeres machen wollen, haben Sie dann Pech gehabt. Ansonsten gibt es dafür eine Pampers.

SZ: Was ist am ISS-Klo kaputt? Walter: Das Gerät, das die Flüssigkeit von dem Festen separiert. Dadurch gibt es keinen Luftzug mehr. Den brauchen Sie aber, damit der Stuhl mitgerissen wird.

SZ: Wie können die Astronauten jetzt ihre Bedürfnisse verrichten? Walter: Laut Nasa konnten sie bisher die Toilette in der "Sojus"-Landekapsel benützen. Aber dort sind die Möglichkeiten sehr begrenzt. Es gibt da keine echte Toilette, sondern nur Beutelchen - sogenannte "Apollo bags" - in die man reinmacht und das Ganze dann oben zuzieht.

SZ: Können Sie sich an den Fall einer kaputten Toilette im All erinnern? Walter: Nein. Aber wenn eine Toilette über längere Zeit im All kaputt ist, ist das ziemlich blöd. Eine Nasa-Regel besagt, wenn eine Toilette nicht benutzt werden kann und dadurch der normale Arbeitsrhythmus der Crew gestört ist, muss das Shuttle landen.

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Quelle:
SZ vom 29.05.2008
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