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Raucherzonen in Restaurants:Verfassungsgericht kippt Hamburger Nichtraucher-Gesetz

In den Restaurants Hamburgs muss künftig die Einrichtung abgetrennter Raucherräume erlaubt werden. Das Gericht erklärte die bisherige Regelung für verfassungswidrig, weil sie Kneipen gegenüber Speiselokalen bevorzugt - und dabei die Frage der Gesundheit außer Acht lässt.

In Hamburger darf in Restaurants unter bestimmten Umständen wieder geraucht werden. Das Bundesverfassungsgericht erklärte das in der Elbmetropole geltende ausnahmslose Rauchverbot in Speisegaststätten für verfassungswidrig. Diese Regelung sei mit dem Grundrecht auf Berufsfreiheit und dem auf Gleichbehandlung nicht vereinbar, heißt es in einer am Dienstag veröffentlichten Entscheidung. Bis zu einer Neuregelung müssten die Behörden auch in Speisegaststätten das Rauchen in abgeschlossenen Nebenräumen erlauben, entschieden die Richter, ohne eine Frist für eine Neuregelung zu setzen (Az.: 1 BvL 21/11).

Im Ausgangsverfahren hatte die Betreiberin einer Autohof-Gaststätte an der Autobahn A7 geklagt. Sie wollte den neben der Gaststube gelegenen "Clubraum" zum Raucherraum erklären. 80 Prozent ihrer Gäste seien Lkw-Fahrer; diese seien fast alle Raucher. Zudem könnten die Fahrer problemlos auf raucherfreundlichere Lokale in den umliegenden Bundesländern ausweichen. Das Verwaltungsgericht Hamburg hatte den Prozess ausgesetzt und den Fall dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt.

Bundesweit einzigartige Regelung

In Hamburg ist Rauchen in kleinen Eckkneipen oder in abgetrennten Nebenräumen größerer Lokale seit 2009 aber nur dann möglich, wenn dort keine zubereiteten Speisen angeboten werden. Diese Einschränkung könne jedoch erhebliche wirtschaftliche Nachteile für Restaurantbetreiber nach sich ziehen, ohne dass es dafür sachliche Gründe gebe, befanden die Verfassungsrichter. So gebe es zum Beispiel keine Beweise dafür, dass Passivrauchen beim Essen besonders gesundheitsschädlich sei. Die Gesundheit der Angestellten sei gleichermaßen schützenswürdig, ob sie nun in reinen Schankgaststätten oder in Speiselokalen arbeiteten.

Die Richter erklärten, eine unterschiedliche Behandlung von Kneipen und Restaurants lasse sich "nicht durch Gründe des Gesundheitsschutzes" rechtfertigen. Es seien keine wissenschaftlichen Erkenntnisse vorgebracht worden, nach denen "die Verbindung von Essen und Passivrauchen zu einer besonderen Schadstoffbelastung der nichtrauchenden Gäste" führe. Raucherräume müssten ohnehin so abgetrennt werden, dass eine Gefährdung durch Passivrauchen ausgeschlossen werde.

Die Regelung ist bundesweit einzigartig. Auswirkungen auf andere Bundesländer hat der Karlsruher Richterspruch offenbar nicht. Entweder gilt dort ein striktes Rauchverbot oder die Einrichtung von abgeschlossenen Raucherräumen werde unabhängig davon zugelassen, ob in den jeweiligen Gaststätten Speisen angeboten werden oder nicht.

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