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Rattenplage vor dem Louvre:"Schaut, es ist Ratatouille!"

Paris hat ein Rattenproblem. In Parks und Grünanlagen vor dem berühmten Louvre tummeln sich immer mehr Nager. Wovor sich viele Touristen und Einwohner ekeln, finden andere niedlich. Schuld daran ist Disney.

Der elegante Park vor dem Pariser Louvre ist für ein gemütliches Picknick eigentlich perfekt geeignet - vielen Besuchern ist der Appetit jedoch gründlich vergangen. Schuld sind: die Ratten. Im Jardin des Tuileries vor dem weltberühmten Museum tummeln sich mittlerweile Dutzende am hellichten Tag. Die bei schönem Sommerwetter von Parisern und Touristen in dem Park hinterlassenen Essensreste ziehen die Nager in Scharen an.

Die Pariserin Ariane Dalle wundert sich nicht über die Rattenplage auf dem akkurat geschnittenen Rasen des Parks: "Überall sind Zigarettenkippen und Essensreste. Die Leute respektieren die Umwelt nicht."

Während Kammerjäger in dem weitläufigen Park normalerweise alle zwei Monate gegen die Nagerplage zu Felde ziehen, rücken sie im Sommer mindestens ein Mal pro Monat an. "Wenn sich die Ratten besonders stark vermehren wie derzeit, dann wird die Firma sofort vom Museum informiert, damit sie so schnell wie möglich und häufiger eingreifen kann", sagt Museumssprecherin Elise Guillou.

Zwei Ratten pro Einwohner

Seit etwa acht Jahren breiten sich Ratten vermehrt in der französischen Hauptstadt aus, sagt Frédéric Devanlay von der Rattenbekämpfungs-Firma Avipur. Wieviele Ratten es in Paris gibt, weiß niemand. Schätzungen zufolge aber kommen auf jeden Bewohner mindestens zwei. Und weil eine weibliche Ratte pro Jahr fünf Mal Nachwuchs bekommen kann - jeweils fünf bis zwölf Babys - und der Nachwuchs schnell eigene Kinder bekommt, summiert sich die Zahl der Nachkommen pro Ratte binnen eines Jahres auf 5000 Tiere.

In Pariser Tiefgaragen, den Metro-Tunneln und der Kanalisation fühlen sich die Ratten lwohl - und sie verlieren immer mehr die Scheu vor Menschen. "Sie gewöhnen sich an die Menschen und suchen immer mehr ihre Nähe", sagt Devanlay. Das ist nicht nur für Zartbesaitete widerlich, sondern wegen des Risikos von Krankheitsübertragungen auch nicht ungefährlich.

Disney und der "Ratatouille-Effekt"

Kinder, so berichten verschiedene Medien, begegnen den Ratten jedoch zunehmend aufgeschlossen, fast liebevoll. Das hat, so vermutet ein BBC-Reporter wohl mit der neuen Attraktion im Disneyland Paris zu tun. In dem Vergnüngungspark vor den Toren der französischen Hauptstadt hat am 10. Juli eine neue Attraktion eröffnet. Nach fünf Jahren Bauzeit entstand auf dem Gelände ein lebensgroßer Pariser Straßenzug: "Ratatouille: Das Abenteuer". Dem Themenpark zugrunde liegt der Oscar-prämierte Animationsfilm "Ratatouille" aus dem Jahr 2007, der die Geschichte der jungen Ratte Rémy erzählt, die davon träumt, eines Tages ein großer Koch zu sein. Auf riskanten Umwegen avanciert die Ratte schließlich zum Chefkoch in einem der besten Restaurants in Paris.

Der Fotograf Xavier Francolon, durch dessen Fotos die akute Rattenplage erst publik wurde, hat sogar beobachtet, wie Ratten gefüttert würden. Die französische Zeitung Le Parisien nennt dieses Verhalten den "Ratatouille-Effekt". Kinder, die die Ratten zwischen den picknickenden Touristen entdeckten, riefen "Schaut, da ist Ratatouille!" und steckten den Tierchen Leckereien zu.

Ratten, die aus den zugesteckten Lebensmitteln, Sternegerichte zaubern, wurden in Paris vorm Louvre jedoch bislang noch nicht gesichtet.

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