Rassismus:Keine Häppchen für Sachsen

Warum ein Kölner Caterer ein Street-Food-Festival in Plauen boykottiert.

Von Titus Arnu

Wenn Andreas "Hacky" Hagemeyer mit seinem Feuerwehrauto anrückt, hat das in der Regel nichts Schlechtes zu bedeuten. Es brennt nicht, es raucht höchstens. In dem umgebauten Einsatzwagen der "Pompiers de Paris" brutzelt er zusammen mit seinem Team exotische Häppchen - etwa kambodschanische Rindfleischspieße, vietnamesische Frühlingsrollen und afrikanische Imbiss-Spezialitäten.

Hagemeyer, der auch als Pressefotograf arbeitete, bevor er in Köln ein Catering-Unternehmen gründete, tourt mit seinem Essens-Bus zu Veranstaltungen in ganz Europa. Als ihn kürzlich aber eine Einladung zu einem Street-Food-Festival in Plauen erreichte, war er nicht begeistert. Seine Begründung: Seine Mitarbeiter stammen aus Kambodscha, Kenia und Kamerun, einen Aufenthalt in Sachsen wolle er ihnen nicht zumuten. Also sagte er der Zwickauer Agentur Polar 1, die den Markt für Mai 2018 organisiert, mit einer drastischen Stellungnahme ab.

"Es ist so, dass wir es unserem ausländischen Personal nicht zumuten wollen"

"Es ist so, dass wir es unserem ausländischen Personal nicht zumuten wollen, sich in Sachsen ein ganzes Wochenende, möglicherweise auch im Dunkeln, zu bewegen", schrieb Hagemeyer an den Veranstalter. Wenn er an Sachsen denke, kämen ihm Bilder von rassistischen Übergriffen in den Sinn, von brennenden Flüchtlingsunterkünften, von Passanten, die nicht eingriffen und das ausländerfeindliche Treiben sogar noch gut fänden. Er rief auch andere Händler auf, Sachsen generell zu meiden. "Es wäre ein gutes Zeichen, wenn solche Veranstaltungen in Sachsen boykottiert würden", sagt Hagemeyer der SZ, "ich möchte nicht vereinnahmt werden für ein Street-Food-Festival, das vielleicht gar nicht zu Sachsen passt."

Florian Freitag, Geschäftsführer der Agentur Polar 1 in Zwickau, war zunächst bestürzt über die Absage. "Es ist traurig, dass noch solche Vorurteile existieren", sagt er, "auch in Sachsen gibt es schließlich weltoffene Menschen, die sich gegen Fremdenfeindlichkeit engagieren." Gerade ein Street-Food-Festival solle ja die "Vielfalt in der Welt repräsentieren", sagt Freitag, "wir wollen, dass die Veranstaltung ein Ort für Offenheit und Internationalität wird." Andererseits räumt er ein, dass Fremdenfeindlichkeit in Sachsen tatsächlich ein Problem sei, deshalb könne er Hagemeyers Begründung auch nachvollziehen. Lieber als die Absage wäre ihm allerdings eine konstruktive Diskussion gewesen: "Es wäre Zeit für einen Dialog."

Nach einer sachlichen Diskussion sieht es aber nicht gerade aus, auch weil Hagemeyer weiter stichelt: "Sachsen hat ein Imageproblem? Nein, Sachsen hat ein Nazi-Problem." Seit die Essens-Absage aus Köln mitsamt der Begründung bekannt wurde, steht Hagemeyers Telefon nicht mehr still. Sein E-Mail-Account wird mit Hassmails geflutet, auf Facebook wird er von "besorgten Bürgern" und deren Sympathisanten übel beschimpft. Die Angriffe richten sich auch gegen das "ausländische" Essen, das der Kölner Caterer anbietet. Tenor vieler Kommentare: Wir brauchen kein afrikanisches Essen in Sachsen, Frühlingsrollen und Döner raus!

Dabei könnte sich Hacky Hagemeyer mit seinem Food Truck auf nahezu jeden Auslandseinsatz einstellen. Für bodenständige Kundschaft hat er eine Rostbratwurst im Programm, produziert von einer westdeutschen Metzgerei und garantiert fettiger als eine vegane Frühlingsrolle. Falls das National-Wurstige fehlen sollte auf dem Festival in Plauen, steht bereits Ersatz bereit. Die rechtsextreme Kleinpartei "Der III. Weg" bewarb sich am Donnerstag öffentlich für das Street-Food-Festival und versprach, "traditionelle Speisen des Vogtlandes" zu servieren.

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