Queen-Besuch in Frankfurt:"Ich glaube, sie winkt"

Queen Elizabeth II Visits Frankfurt am Main

Kurzer Auftritt auf dem Balkon: Queen Elizabeth winkt Frankfurt.

(Foto: Getty Images)

Die Queen war in Frankfurt. Der Höhepunkt des Besuches: Ihre Majestät hat den Frankfurtern zugewunken. Viel zurück kommt aber nicht. Den Deutschen fehlt es an royaler Routine.

Von Bernd Dörries, Frankfurt

"Ich glaube, sie winkt", sagt eine Frau auf dem Frankfurter Römerberg, der eher ein Hügel ist, was dazu führt, dass man es eben durch das ganze Gedränge nicht so richtig erkennen kann, ob die Queen da unten auf dem Vorplatz winkt oder nicht.

Ihre Majestät ist am Donnerstag nach Frankfurt gekommen, um die Paulskirche zu besuchen, im Römer zu Mittag zu essen und anschließend vom Balkon des Rathauses den Frankfurtern zuzuwinken. Die winkende Queen war für die Frankfurter der Höhepunkt des Tages.

Der Balkon des Römer kann als einer der großen Verlierer der Einheit bezeichnet werden, weil kaum noch einer von ihm winken will, seit Berlin sich viel besser für solche Veranstaltungen eignet. Im Jahr 1990 winkten der Fußball-Teamchef und sogenannte Kaiser Franz Beckenbauer und die Nationalelf den Frankfurtern und dem ganzen Land nach der Rückkehr aus Italien mit dem Weltmeisterpokal zu. Vier Jahre später kam noch der japanische Kaiser vorbei, Hans Eichel stand damals als Ministerpräsident mit auf dem Römer, am Donnerstag läuft er etwas desorientiert durch die Altstadt, die mit komplizierten Absperrungen verstellt ist. Es ist halt auch alles schon lange her.

Comeback für den Römerbalkon

"Comeback der Altstadt" steht auf den Plakatwänden neben dem Römer, weil hier gerade viel gebaut wird. Der Nachmittag ist aber vor allem ein Comeback für den Römerbalkon. Viele Stunden ihrer Lebenszeit warten die Menschen davor auf das entscheidende Winken. Es ist ein heiteres Beisammensein, in den Cafés sitzen sie bei Apfelwein mit Handkäs und Musik. Man rückt zusammen, man hilft sich mit Akkuladegeräten und Selfiestangen.

Größere lassen die Kleineren auf ihre Stühle steigen. Denn darum geht es ja an diesem Nachmittag, um ein Bild der Queen, am besten eines mit ihr in Selfie-Perspektive. Doch das ist schwer, sie so in den Sucher zu bekommen. Elizabeth II. ist 89 Jahre alt, es ist nicht ganz unwahrscheinlich, dass sie ein Leben führt, das ohne ein einziges Selbstbildnis ausgekommen ist. Ihre Posen sind die der alten Welt. Eine Handtasche und ein Winken, das eher eine Andeutung ist.

In dem Alter. Das flüstern sie auf dem Platz

Als die Queen auf den Platz vor den Römer kommt, recken sich die Arme mit den Handys in die Luft. Nur das, was man fotografiert hat, nur das hat man auch wirklich erlebt. Danach gibt es für die Königin ein Mittagessen, und für die Besucher auf dem Platz stellt sich die Frage, was man bis zum Wiederauftauchen der Queen bitte mit sich anfangen soll. Apfelwein ist eine bewährte Lösung. Zwei Stunden später kommt sie dann auf den Balkon, um zu winken, was in einer repräsentativen Monarchie zu ihren Hauptaufgaben zählt.

Es winken aber nicht viele Leute zurück, nicht, weil die Frankfurter unfreundlich sind, sondern weil ja alle ihr Smartphone in der Hand haben. Nur ein paar Japaner schaffen es, ganz lässig zu winken, und gleichzeitig in den Sucher zu schauen. So weit ist Deutschland noch nicht.

Bei den Besuchern ist nun einerseits eine große Zufriedenheit auszumachen, weil doch die meisten Fotografien geglückt sind, man zumindest im Getümmel einen Hut erkennt, dessen Farbe nach Meinung der einen royal-blau ist, nach dem Minderheitsvotum eher satin-blau. Andererseits war es aber auch ein sehr kurzer Auftritt auf dem Balkon. Keine zwei Minuten.

Dafür ist die Königin nach Frankfurt geflogen, dafür haben Hunderte Polizisten alles abgesichert, dafür hat sich das Protokoll monatelang Gedanken gemacht. Letztlich aber sind die Menschen glücklich, von einer Königin bewunken worden zu sein. Ist ja wohl die letzte Gelegenheit. In dem Alter. Das flüstern sie auf dem Platz. Die Queen dreht nun noch eine Runde vor dem Platz, es ist eine Art Zugabe.

In der Außengastronomie dahinter bestellen die Besucher eine weitere Runde Apfelwein und wischen sich den Schweiß von der Stirn. Eine Einheimische weist Ortsfremde darauf hin, dass die Touristen doch bitte ordentlich Wasser zum Äppelwoi trinken sollten, sonst bestehe die Gefahr des Darmverschlusses. "Bitte was?", fragt ein Besucher. "Darmverschluss!", ruft die Hessin über den Platz. Dann steigt die Queen in ihr Auto und fährt davon.

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