Queen-Besuch in Deutschland:Und Tschüss!

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Queen Elizabeth II. beim Abschied in Celle.

(Foto: Ronny Hartmann/AFP)

Vier Tage lang hat der Staatsbesuch der Queen Deutschland in Atem gehalten. Es ist schön, wenn die Königin zu Besuch kommt - aber noch schöner ist es, dass sie wieder geht. Fünf Gründe, warum es besser ist, in einer Republik zu leben.

Von Gunnar Herrmann

Das war's, die royalen Festspiele sind vorüber. Und in Berlin und Frankfurt können sie endlich damit beginnen, die Absperrungen wegzuräumen und die letzten Fetzen der Papp-Fähnchen aufzukehren.

Es ist schon bemerkenswert: Kaum hat ein Staatsgast eine Krone auf, drehen alle durch. Da stehen die Bürger Spalier, schwenken Fahnen und die Berichte in Zeitungen, Magazinen und im Fernsehen können gar nicht pompös genug sein. Selbst der Kerl, der den roten Teppich bürstet, bekommt seine fünf Minuten Ruhm auf der Mattscheibe. Kommt der gewählte Ministerpräsident von Portugal passiert - nichts.

Obwohl Umfragen das Gegenteil behaupten, irgendwie entsteht zu solchen Anlässen immer der Eindruck, dass viele Deutsche sich in der Tiefe ihrer Herzen nach einem König für Deutschland zurücksehnen. Die FAZ verstieg sich anlässlich des Queen-Besuchs auf ihrer Titelseite am Freitag gar zu der Feststellung: "Wer Staatsoberhaupt von 16 Ländern ist, gäbe auch eine gute Monarchin für das ab, was manche Briten 'Den Kontinent' nennen." So ein König oder eine Königin macht halt schon was her.

Dabei gibt es jede Menge guter Gründe, sich zu freuen, dass die Monarchie in unserer royalfreien Republik nur in Geschichtsbüchern zu finden ist. Hier sind fünf davon:

Monarchen lassen sich nicht abwählen

Ein König regiert auf Lebenszeit - oder bis er abdankt. Schon das hat mehr Nach- als Vorteile. In der europäischen Geschichte hat das Prinzip zu blutigen Schlachten und Revolutionen geführt. Und war ein wichtiger Grund für die Einführung der Demokratie. In freien Wahlen kann jeder über alles mitreden. Vor allem über die Machtfrage. Das ist praktisch und vernünftig, weil diese Frage dann ohne Erbfolgekriege und Guillotinen geregelt werden kann.

In parlamentarischen Monarchien - wie etwa Großbritannien - wurde die Machtfrage deshalb entschärft, in dem man den Monarchen einfach die Macht entzogen hat. Queen Elizabeth ist machtpolitisch heute kaum mehr als ihr eigenes Winkelement.

Das funktioniert, aber es ist trotzdem unzeitgemäß. In der heutigen Gesellschaft ist die Beziehung von Regierenden und Volk eben nicht mehr gottgegeben. Sie ähnelt eher einer modernen Ehe: Es bleibt immer die Möglichkeit der Scheidung, wenn es nicht mehr passt. Ein Monarch ist in diesem Umfeld ein unpraktischer Anachronismus - im besten Fall. Im schlimmsten Fall ist er eine Belastung, die man nicht loswerden kann.

Eine Fußballmannschaft tut es doch auch

Monarchen sind Schwächlinge

Viele Menschen hierzulande wissen nichts über den "Patagonian Toothfish" (zu Deutsch heißt er: Schwarzer Seehecht). Das Viech war vor einiger Zeit ein echtes Politikum im britischen Königreich. Prinz Charles hatte in einem seiner berüchtigten "Spider Memos" an einen Staatssekretär geschrieben:

"Ich hoffe insbesondere, dass die illegale Befischung des Schwarzen Seehechts oben auf ihrer Prioritätenliste stehen wird, denn bevor diese nicht gestoppt wird, gibt es wenig Hoffnung für den guten alten Albatros, ..."

Der Brief löste eine intensive Debatte darüber aus, ob Charles damit seine Kompetenzen überschritten habe. Er muss sich ja raushalten aus der Politik. Der Seehecht verdeutlicht damit ein Problem, das alle parlamentarischen Monarchien haben: Eine Demokratie kann ihrem nicht gewählten Aristokraten keine Macht zugestehen. Die Queen verliest zwar einmal im Jahr im Oberhaus die Regierungserklärung - hat daran aber keine Zeile mitverfasst. Parlamentarische Monarchien haben Staatsoberhäupter ohne echte politische Funktion. Monarchisten sagen: Das ist gerade das Schöne an ihnen. Da die entpolitisierten Monarchen für nichts stehen, können sich alle Bürger mit ihnen identifizieren. Nur: Ist das ganze Brimborium gerechtfertigt, nur um ein nationales Symbol zu erschaffen? Eine Flagge, ein Nationalfeiertag oder eine Fußballmannschaft tun es doch auch.

Royaler Glanz ist Verschwendung

Solche Symbole sind pflegeleichter - und kostengünstiger. Eine Monarchie ist dagegen ein teurer Spaß. Königin Elizabeth II. kostete ihre Untertanen nach offizieller Rechnung im Jahr 2014 gut 40 Millionen Euro. Allerdings: In diesen Zahlen ist nicht alles eingerechnet. Monarchiekritiker meinen, die wahren Kosten für das britische Königshaus belaufen sich eher auf 200 Millionen Pfund. Zum Vergleich: Das Bundespräsidialamt hatte in dem Jahr einen Haushalt von etwa 32 Millionen Euro.

Allerdings hat der Bundespräsident - auch wenn er überwiegend repräsentative Aufgaben wahrnimmt - deutlich mehr politischen Einfluss. Er kann in seinen Reden Debatten anstoßen und darf auch mal anecken.

Auch werden aus seinem Budget nicht auch noch Apanagen für Kinder und Kindeskinder bezahlt - die müssen schön selbst für ihr Auskommen sorgen. In einer Monarchie dagegen kommen zu den laufenden Kosten oft noch Extrawünsche hinzu: Mal muss ein Schloss renoviert, mal müssen eine royale Hochzeit oder die pompöse Taufe eines Thronfolgers ausgerichtet werden. Für all das kommt meistens der Steuerzahler auf. Und was hat er davon? Schöne Fernsehbilder. Und ein bisschen Klatsch und Tratsch über Hutformen und Handtaschenfarben.

Kaum ist die Queen in Berlin wird wieder über den Hofknicks gesprochen

Monarchie ist ungerecht - auch für die Monarchen

Es sollte zumindest erwähnt werden, dass eine Monarchie auch für die Königsfamilie kein reines Zuckerschlecken ist. Denn diese Staatsform beschneidet ihre bürgerlichen Freiheiten, nicht nur wegen der ständigen Belästigung durch Paparazzi. Könige und Königinnen waren in der Regel von Geburt an Thronfolger. Niemand hat sie je gefragt, ob sie das Amt überhaupt ausüben wollen oder können. Egal ob einer einen Sprachfehler hat (wie George VI., der Papa der Queen), oder eine Lese-Rechtschreibschwäche (wie Carl XVI. Gustaf von Schweden) - wenn er in der Thronfolge an erste Stelle steht, muss er sein Leben damit verbringen, aus Kutschen zu winken, Reden zu halten, Bankette zu geben und sich in Gästebücher anderer Nationen einzutragen. Klar: Auch ein Monarch kann theoretisch abdanken. Aber die Zwänge der Tradition machen einen solchen Schritt eigentlich fast unmöglich. Und wer abdankt, überträgt die Bürde damit automatisch auf einen nahen Verwandten. In einer modernen Gesellschaft sollten alle Menschen frei sein, sich ihren Beruf nach ihren Neigungen auszusuchen. Auch Adelige.

Wo ein Monarch ist, sind Untertanen nicht weit

Eine Monarchie zwingt nicht nur den Monarchen ihre vordemokratischen Regeln auf, sondern bis zu einem gewissen Grad auch den Bürgern. Kaum ist die Queen in Berlin wird in Deutschland wieder über Verbeugung und über Hofknicks gesprochen.

König und Königin gehören - bei aller zur Schau getragenen Volksnähe - eben doch nicht "zu uns". Niemand hat die Folgen dieser unglücklichen Gesellschaftsform so treffend beschrieben, wie der schwedische Schriftsteller Vilhelm Moberg in seiner 1955 veröffentlichten Streitschrift "Warum ich Republikaner bin":

Er habe "hoch gebildete Personen erlebt", die in der Nähe "einer königlichen Person ihre Würde verloren haben", schrieb er. In Gegenwart eines Mitglieds des Königshauses "gerieten sie völlig aus der Fassung und sie standen da wie verwandelt und sie stammelten verwirrt und benahmen sich in einer Weise die man fast albern nennen kann." Das Königtum, schreibt Moberg, "befördert und entwickelt einige der erniedrigendsten Eigenschaften des Menschen: das Begehren, in der Gunst der Oberen zu stehen, den Eifer, bei ihnen zu sein zu dürfen, Dienstbereitschaft um jeden Preis, den gekrümmten Rücken vor der Obrigkeit".

Moberg starb 1973, als berühmter und hochgeachteter Mann im Königreich Schweden. Hätte er in den vergangenen Tagen die Berichte über den Besuch der Queen in Deutschland verfolgt - er hätte sich wohl bestätigt gefühlt. Gut, dass jetzt wieder Republik ist.

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