Quandt-Erbin Klatten erpresst:Die Milliardärin, der Gigolo und geheime Videos

Susanne Klatten, reichste Frau im Land, wurde wohl wie andere Millionärinnen erpresst - von einem Sex-Syndikat.

S. Wimmer, C. Gasteiger und B. Kastner

Sie ist eine der reichsten Deutschen und ein Spross der erfolgreichen Quandt-Familie. Im Blickpunkt der Öffentlichkeit steht Susanne Klatten, die sympathische Großaktionärin des BMW-Konzerns, selten - nun aber findet sich ihr Name plötzlich in internationalen Medien wie La Repubblica in Italien und Evening Standard in Großbritannien.

Quandt-Erbin Klatten erpresst: Nicht nur Milliardenunternehmerin, auch Trägerin des Bayerischen Verdienstordens und Opfer einer Sexerpressung: Quandt-Erbin Susanne Klatten.

Nicht nur Milliardenunternehmerin, auch Trägerin des Bayerischen Verdienstordens und Opfer einer Sexerpressung: Quandt-Erbin Susanne Klatten.

(Foto: Foto: Catherina Hess)

Der Grund: ein pikanter Kriminalfall. Sie ist, genauso wie einige befreundete Millionärinnen, offenbar in ein Netz italienisch-schweizerischer Erpresser geraten.

Monatelang wurde die Münchnerin offenbar erpresst - 7,5 Millionen Euro flossen an einen schweizerischen Gigolo, mit dem sie wohl zu viel Tuchfühlung aufgenommen hatte.

Aus Ermittlungsakten der italienischen Polizei, die mit den deutschen Kollegen aus München kooperiert, geht hervor, dass der Delinquent Helg S. die erotischen Zusammenkünfte mit ihr filmen ließ und damit drohte, das Material der deutschen Presse zu übergeben. Der Mann forderte allem Anschein nach später noch einmal eine zweistellige Millionen-Euro-Summe - doch dann stellte die 46-jährige Mutter dreier Kinder Strafanzeige gegen den Liebhaber und seinen Komplizen. Dies bestätigte eine Person aus dem Umfeld der Quandt-Familie der Süddeutschen Zeitung.

Das Ergebnis: ein riesiges Medienecho.

Wie die Internetausgabe der italienischen Tageszeitung La Repubblica berichtet, wurden der vielsprachige Helg S., 41, und sein Komplize Ernano B., 63, Chef einer religiösen Sekte, festgenommen. Sektenguru B. war der "Regisseur" der pikanten Filmchen. Zusammen erpressten die beiden die Gespielinnen.

Wohnungen, Grundstücke und Luxusautos

Bis jetzt wurde die Identität der betrogenen Unternehmerin von der Staatsanwaltschaft im Abruzzen-Ort Pescara geschützt. Aber in den vergangenen Tagen sind sowohl Ermittlungsergebnisse als auch Inhalte der Protokolle in der Öffentlichkeit aufgetaucht.

Oberstaatsanwalt Anton Winkler versicherte auf Anfrage der Süddeutschen Zeitung, dass die Untersuchungen in dem Fall laufen. "Unsere Ermittlungen in diesem Fall sind noch nicht abgeschlossen." Zum näheren Sachverhalt wollte er sich am Freitagnachmittag nicht äußern.

BMW wollte auf Anfrage keine Stellung nehmen. Aus dem Umfeld der Quandt-Familie heißt es, man wolle die italienischen Medienberichte nicht kommentieren, man könne sie aber auch nicht dementieren.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, wo die Beamten Ferraris und Lamborghinis fanden und wie Helg S. festgenommen wurde.

Die Milliardärin, der Gigolo und geheime Videos

Am 15. Februar 2008 kontaktierte die Münchner Staatsanwaltschaft die Kollegen aus Pescara, um nach der Festnahme von S. Rechtshilfe zu bekommen. Mit den Ermittlungen wurde Staatsanwalt Gennaro Varone beauftragt, der unter anderem Telefonabhörungen am Sitz von B.s Sekte anordnete und anschließend wertvolle Güter beschlagnahmte.

Zwei Millionen Euro in bar waren unter einem Dach versteckt; man inspizierte Wohnungen, Gebäude, Grundstücke und konfiszierte Luxusautos wie Lamborghinis, Ferraris, einen Rolls-Royce und eine Limousine.

All das soll laut Repubblica mit den sieben Millionen der BMW-Frau und mit weiteren zehn Millionen ihrer Freundinnen erworben worden sein.

Den Ermittlern zufolge wurden weitere Millionen Euro der Ganoven schon in Sicherheit gebracht. Zwei Komplizen investierten das Geld unter anderem im ägyptischen Urlaubsort Sharm el-Sheik, in südamerikanischen Ländern und in Steuerparadiesen. Immer noch fehlen die Filmchen der geheimen Sextreffen.

Nach Informationen von La Repubblica sollen die Verabredungen in Luxushotels auf der ganzen Welt, vor allem aber in München und Monte Carlo, stattgefunden haben. Dabei buchten die Komplizen S. und B. angeblich stets zwei miteinander verbundene Zimmer. In einem war das Paar zugegen - aus dem anderen, zum Regieraum umfunktionierten Hotelzimmer, filmte B. die Szenen.

Die Beziehungen zwischen dem Schweizer Gigolo und den wohlhabenden Frauen brachen mit der Zeit ab. S. aber erfand mitleiderregende Geschichten - zum Beispiel, dass er von der italienisch-amerikanischen Mafia bedroht werde - und forderte wirtschaftliche Unterstützung. So wurde Susanne Klatten den Berichten zufolge dazu gebracht, 7,5 Millionen Euro zu zahlen; ihre Freundinnen entrichteten zwei oder drei Millionen pro Kopf und gaben Geschenke, heißt es in italienischen Medien.

Festnahme in Monte Carlo

Die beiden Gauner forderten aber immer mehr Geld und drohten, die Sexvideos zu verbreiten.

Die erste Forderung bekam Susanne Klatten am 2. November 2007. Die letzte - ein Brief und eine DVD - kam am 12. Dezember. Verlangt waren 40 Millionen Euro. Anschließend wurde die Summe angeblich auf 14 Millionen verringert. Bedingung: Übergabe in einem Hotel in Monte Carlo. Klatten verabredete sich zwar mit S. für den 14. Januar 2008, informierte aber gleichzeitig die Polizei.

Bei dem Tête-à-tête traf S. nicht auf sein Opfer, sondern auf deutsche Polizeibeamte, die ihn wegen Betrugs und Erpressung festnahmen. Auch Klattens Freundinnen erstatteten Anzeige. Angeblich soll auch der deutsche Geheimdienst in die Affäre verwickelt sein.

Susanne Klatten ist Tochter und Milliardenerbin der erfolgreichen Unternehmerfamilie Quandt, ist Großaktionärin von BMW, an deren Wertpapieren sie zusammen mit Mutter Johanna und Bruder Stephan 46 Prozent hält. Sie ist Hauptaktionärin des Altana-Konzerns. Mit einem geschätzten Vermögen von mehr als 13 Milliarden Dollar rangiert Klatten unter den bestverdienstensten und erfolgreichsten Wirtschaftsgrößen und gilt als reichste Frau Deutschlands.

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