Quallen am Strand von Wangerooge:"Wenn sie Pech hat, löst sie sich sozusagen in Luft auf"

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Die Lage ist daramatisch? "Überhaupt nicht", sagt Silke Schmidt, Nationalpark-Leiterin. "Das ist die Natur." (Foto: dpa)

Der Strand von Wangerooge ist übersät mit Tausenden von Quallen. Woher das wohl kommt? Und hat das etwas mit dem Klimawandel zu tun? Ein Anruf bei Silke Schmidt, die viel für Quallen übrig hat.

Interview von Thomas Hahn

Der Strand von Wangerooge ist übersät mit Tausenden Quallen. Silke Schmidt, Leiterin des Nationalpark-Hauses der ostfriesischen Insel, erklärt, warum das so ist.

SZ: Die Lage ist dramatisch.

Silke Schmidt: Überhaupt nicht. Das ist die Natur. Ich persönlich finde sogar, dass Quallen sehr ästhetische Tiere sind.

Auch wenn so viele davon leblos und glibberig am Strand liegen?

Da liegen gerade so viele, weil die Quallen in ihrer Schirmphase sind.

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Schirmphase?

Das ist sozusagen ihre Erwachsenenphase. Im Hochsommer geben Männchen und Weibchen ihre Geschlechtszellen ins Wasser ab. Treffen sich diese, entsteht eine Larve. Die schwimmt im Meeresplankton mit, bis sie sich als kleiner Polyp auf dem Boden festheftet. Die Polypen sehen aus wie ein Stiel mit Tentakeln am oberen Ende. So überwintern sie. Im Frühjahr schnüren die Polypen ihre Enden tellerartig ab und produzieren auf ungeschlechtlichem Wege viele Quallenlarven, die wiederum im Plankton mitschwimmen. Dort wachsen sie zu der Qualle mit Schirm und herabhängenden Tentakeln heran, die jeder kennt.

Und die jetzt in Massen am Strand liegt ...

Es sind nicht ungewöhnlich viele.

Aber der Klimawandel!

Tatsächlich trägt der Klimawandel dazu bei, dass sich in manchen Meeresgebieten bestimmte Tiergruppen vermehren. Etwa die Qualle. Wenn mehr Licht und Nährstoffe im Wasser sind, gibt es mehr Nahrung für sie und sie pflanzen sich schneller fort.

Sehen Sie.

Aber für unsere Küste ist die Anzahl nichts Besonderes. Wir haben das alle paar Jahre. Das liegt an der Meeresströmung. Quallen schwimmen ja nicht aktiv, sie werden verdriftet - auch mal an den Strand.

Eklig.

Ganz normal.

Silke Schmidt, 50, ist seit 15 Jahren Leiterin des Nationalparkhauses auf der Insel Wangerooge. Mit ihrem Team informiert die Diplom-Biologin dort Besucher über Fauna und Flora der Insel - zuletzt vermehrt über Quallen. (Foto: OH)

Quallen brennen.

Aber nicht die Ohrenquallen, die am Strand liegen. Die Harpunenzellen, mit denen sie sich von Kleinstlebewesen ernähren, durchdringen nämlich die menschliche Haut nicht.

Hm.

Wenn die Qualle Glück hat, spült sie die nächste Flut wieder ins Meer. Wenn sie Pech hat, bleibt sie einen Tag lang auf trockenem Sand in der Sonne liegen und löst sich sozusagen in Luft auf. Quallen bestehen zu 98 Prozent aus Wasser. Das verdunstet, zurück bleibt nur ein Häutchen.

Die Plage erledigt sich also von selbst?

Es ist keine Plage.

© SZ vom 11.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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