Putschversuch gegen Kachelmann:Bis aufs letzte Hemd

Interne Dokumente zeigen, dass Jörg Kachelmanns Geschäftspartner ihn während der U-Haft aus der Firma drängen und ihm sogar Wohnung und Autos wegnehmen wolllten. Derweil geht der Moderator auf die Staatsanwaltschaft los - mit einer Beschwerde.

Sie hatten ihr Urteil bereits gefällt: Die Geschäftspartner des unter Vergewaltigungsverdachts stehenden Wettermoderators Jörg Kachelmann sollen versucht haben, diesen während seiner Untersuchungshaft aus dem eigenen Unternehmen zu drängen. Dies geht aus Dokumenten hervor, die dem Spiegel vorliegen. Danach sollten ihm nicht nur die Firmenanteile, sondern auch Autos und eine Wohnung genommen werden.

Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen Kachelmann erhoben

Er hat den Machtkampf bei Meteomedie vorerst gewonnen - wie knapp, wird aus internen Dokumenten ersichtlich, die dem Spiegel vorliegen.

(Foto: Archivfoto dpa)

Nach Angaben des Spiegel schrieb die Geschäftsführerin der Bochumer Meteomedia-Außenstelle, Kristina Schleß, an die Gesellschafter und Verwaltungsräte eine unmissverständliche E-Mail, in welcher sie bereits kurz nach der Inhaftierung Kachelmanns dessen Abberufung als Verwaltungsrat einforderte.

Am 30. März sei Frank-Bernhard Werner zu Kachelmann ins Gefängnis nach Mannheim gereist, heißt es in darin weiter. Werner hält 38 Prozent an dem 1990 von Kachelmann (Anteil: 49 Prozent) gegründeten Unternehmen.

Im Gepäck des Kachelmann-Rivalen: Ein Stapel rechtsverbindlicher Erklärungen, die der Inhaftierte unterschreiben sollte. Es ging um den Rücktritt von allen Ämtern und den Verkauf seiner Firmenanteile an eine Gesellschaft, die mehrheitlich Werner gehört. Selbst die Löschung seines Namens aus dem Handelsregister sollte Kachelmann unterschreiben, schreibt der Spiegel. Daraufhin sollte eine Generalversammlung einberufen und Kachelmann aus dem Verwaltungsrat abgewählt werden.

Der inhaftierte Firmengründer sollte demnach von dem Treffen nicht einmal erfahren: Die Einladung sei einfach an seine Wohnadresse geschickt worden, wogegen Meteomedia-Geschäftsführerin Schleß dann doch Einspruch eingelegt hätte.

Putsch gegen den Rivalen

Werner, der inzwischen aus dem Verwaltungsrat ausgeschieden ist, habe sogar in einer internen E-Mail an die Mitarbeiter zum Putsch gegen seinen RIvalen aufgerufen: Man müsse "eine neue Galionsfigur für die Firma finden". Kachelmann würde es "unabhängig vom Ausgang des Verfahrens nicht mehr sein können". Als neuer Kopf des Wetterdienstleisters komme vor allem Wetter-Moderator Sven Plöger in Frage. "Er ist profilierter Meteorologe und ein bekanntes Gesicht", zitiert der Spiegel aus Werners E-Mail.

Vor wenigen Wochen hatte Werner einen Machtkampf gegen Kachelmann zurückgewiesen. Er selbst wolle nicht unbedingt zurück in den Verwaltungsrat, sagte Werner zu sueddeutsche.de. Es gehe ihm nur darum, dass auch Kachelmann nicht hinein solle.

Letztlich hat der inzwischen aus der Untersuchungshaft entlassene Moderator seinen Chefsessel zumindest vorerst verteidigen können: Kachelmann bleibt Präsident des Verwaltungsrats, heißt es in einer am Freitag verbreiteten Erklärung von Meteomedia. Zugleich seien die Ressorts in der Geschäftsleitung nun "klar verteilt": Der Verwaltungsrat unter der Leitung Kachelmanns bestehe künftig aus zwei weiteren Mitgliedern, dem Rechtsanwalt Martin Kurer sowie Dietmar Gamp als Mitglied der Geschäftsleitung.

Beschwerden gegen die Ermittler

Nach Darstellung von Meteomedia beeinflussten die Vorwürfe gegen Kachelmann das Tagesgeschäft nicht stark. "Kunden und Mitarbeiter unterstützen Meteomedia loyal unter dem Motto 'Jetzt erst recht'". Kachelmann werde sein Amt jedoch zunächst ruhen lassen, heißt es in einer Mitteilung der Firma, um sich "auf seinen Prozess vorzubereiten".

Die Wartezeit verkürzt Kachelmann mit einem neuerlichen Angriff nach vorne: Seine Anwälte haben Dienstaufsichtsbeschwerden gegen ermittelnde Behörden eingereicht. Die Beschwerden richteten sich gegen die Staatsanwaltschaft Mannheim und die Karlsruher Generalstaatsanwaltschaft, bestätigte ein Sprecher des Justizministeriums einen entsprechenden Bericht der Zeitung Sonntag Aktuell. Das Ministerium, das für die im Juni eingereichte Beschwerde gegen die Karlsruher Behörde zuständig ist, habe diese aber bereits als unbegründet abgewiesen. Zum Stand der Beschwerde gegen die Mannheimer Staatsanwaltschaft lagen ihm keine Informationen vor.

Als Begründung für die Dienstaufsichtsbeschwerden hatte Kachelmanns Medienanwalt Ralf Höcker gegenüber der Sonntag Aktuell erklärt, die Staatsanwaltschaft Mannheim sei "von blindem Jagdeifer auf einen Prominenten gepackt" gewesen. Er und Strafverteidiger Reinhard Birkenstock werfen den Behörden vor, nicht oder zu spät einzelnen Hinweisen nachgegangen zu sein. Sie gehen vom Racheakt einer enttäuschten Geliebten aus.

Geliebten-Parade zum Prozessauftakt geplant

Wenige Tage nach seiner Entlassung am 29. Juli hatte Kachelmann bereits vom Springer-Verlag Schadenersatz in Höhe von zwei Millionen Euro gefordert und eine einstweilige Verfügung gegen das Nachrichtenmagazin Focus erwirkt. Das Blatt hatte detaillierte Informationen aus Ermittlungsakten veröffentlicht, die auf angebliche sexuelle Praktiken schließen ließen.

Der Prozess beginnt am 6. September vor dem Landgericht Mannheim - und dürfte, wie der Spiegel herausgefunden haben will, Aufsehen erregend starten: mit den Aussagen etlicher Ex-Geliebter des Moderators.

Kachelmann steht unter Verdacht, seine Geliebte vergewaltigt zu haben, was der Moderator bestreitet. Bei einer Verurteilung drohen ihm zwischen fünf und 15 Jahren Haft.

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