Gefängnisse in LateinamerikaSchöner sitzen

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Diese Aufnahme aus dem Jahr 1992 zeigt einen Privatraum des Drogenbosses Pablo Escobar in seinem Gefängnis in Kolumbien.
Diese Aufnahme aus dem Jahr 1992 zeigt einen Privatraum des Drogenbosses Pablo Escobar in seinem Gefängnis in Kolumbien. (Foto: AP)

Die ehemaligen Folterknechte des chilenischen Ex-Diktators Augusto Pinochet verbüßen ihre Haftstrafen bisher in einem recht netten Privatgefängnis. Doch damit soll jetzt Schluss sein.

Von Benedikt Peters

Lateinamerika und seine Gefängnisse, das war immer schon eine besondere Geschichte. Beinahe nirgends sonst auf der Welt ist die soziale Ungleichheit so groß wie in den Ländern zwischen Argentinien und Mexiko, und das gilt nicht bloß für das Leben in Freiheit. In der Region gibt es einerseits berüchtigte Knäste, in denen Gefangene zu Dutzenden in die Zellen gepfercht werden und auf Pritschen aus blankem Stahl schlafen müssen; Donald Trumps Abschiebungen und die Bilder aus El Salvador haben das gerade aller Welt vor Augen geführt. Seit jeher aber gibt es in Lateinamerika auch Haftanstalten, in denen man sich ungleich weicher bettet.

Unvergessen ist etwa „La Catedral“, das Gefängnis, das sich der Drogenboss Pablo Escobar einst in den Hügeln über seiner Heimatstadt Medellín selbst baute; es gab dort unter anderem eine Bar, ein Wasserbett, ein Jacuzzi und reichlich Damenbesuch. Vergleichsweise gut ausgestattet ist auch der „Penal de Barbadillo“ in Lima, Peru, in dem ausschließlich peruanische Ex-Präsidenten einsitzen. Aktuelle Zahl der Insassen: drei. Ihre Zellen verfügen über eigene Küchen und Badezimmer, einen Garten gibt es auch.

Perus Nachbarland Chile wiederum hat seine eigene Tradition mit Sondergefängnissen; der linken Regierung unter dem 39 Jahre jungen Präsidenten Gabriel Boric ist das jedoch sichtlich unangenehm. In seiner letzten großen Regierungserklärung – im Winter wählt Chile ein neues Staatsoberhaupt – kündigte Boric an, dass ein ganz bestimmtes „Privileg“ bald der Vergangenheit angehören werde. Es geht um das Gefängnis „Punta Peuco“ nahe der Hauptstadt Santiago, das manche in Chile nur abschätzig „Hotel Punta Peuco“ nennen.

Bisher ist das Gefängnis nahezu ausschließlich ehemaligen Mitgliedern der Geheimpolizei und des Militärs vorbehalten, die während der Diktatur Augusto Pinochets von 1973 bis 1990 schwere Verbrechen begingen. Sie entführten politische Gegner und deren Angehörige, folterten sie und ließen sie verschwinden; viele Opfer wurden bis heute nicht gefunden. Einer der bekanntesten Insassen ist Miguel Krassnoff, ein hochrangiger Ex-Militär, der wegen solcher Verbrechen zu 1047 Jahren Haft verurteilt wurde.

In Escobars einstigem Privatknast leben jetzt Mönche

Es gibt nur sehr wenige Bilder aus Punta Peuco, aber nach allem, was man weiß, erfreuen sich Krassnoff und seine Kumpanen recht angenehmer Haftbedingungen; eine Menschenrechtsorganisation berichtete nach einem Besuch vor einigen Jahren, es gebe Tennisplätze, eine Bibliothek und einen Computerraum. In jedem Fall ist der Standard weit höher als in anderen chilenischen Gefängnissen; die Zellen verfügen über private Bäder und große Fernseher.

Schließen will Boric Punta Peuco allerdings nicht, der Platz wird gebraucht, viele Gefängnisse sind überfüllt. Deshalb soll es nun in eine gewöhnliche Haftanstalt umgewandelt werden. Dass man Gefängnisse auch ganz anders nutzen kann, lehrt noch einmal die Geschichte von Pablo Escobar: Seinen ehemaligen Privatknast über Medellín haben Benediktinermönche übernommen; sie betreiben dort ein Gästehaus mit Bibliothek und Cafeteria.

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