Prozesse - Wiesbaden:Mordversuch mit Nudelsuppe: Lebenslange Haft für Angeklagten

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Eine Hinweistafel an einem Sitzungssaal im Landgericht Wiesbaden. Foto: Fredrik von Erichsen/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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Wiesbaden (dpa/lhe) - Er verschafft sich Zugang zu dem Haus eines Ehepaares und kippt Gift in die Nudelsuppe, die auf dem Herd steht. Jetzt ist ein 49 Jahre alter Mann wegen versuchten Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das Landgericht Wiesbaden sah es als erwiesen an, dass der Mann die Nudelsuppe vergiftet hat, um so das Ehepaar zu töten. Laut Urteil vom Mittwoch sind die beiden Mordmerkmale Heimtücke und niedrige Beweggründe erfüllt. Dass es bei einem versuchten Mord blieb, war purer Zufall, so das Gericht: Der Ehemann verfütterte die Suppe an seine Hunde, die mit schweren Vergiftungssymptomen in eine Klinik gebracht wurden und überlebten. Als Motiv der Tat nannte das Gericht Kränkung. Der Angeklagte habe immer wieder die Nähe zu dem Ehemann gesucht, dieser die Versuche zurückgewiesen.

Neben der Verurteilung zu lebenslanger Haft haben die Richter die besondere Schuldschwere festgestellt. Eine vorzeitige Entlassung nach 15 Jahren ist damit rechtlich zwar möglich, in der Praxis aber so gut wie ausgeschlossen. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Sicherungsverwahrung gefordert, dem folgten die Richter jedoch nicht. In seinem letzten Wort hatte der Angeklagte beteuert, nichts getan zu haben. Während der Urteilsverkündung vergrub er immer wieder das Gesicht in seinen Händen, seine Füßen wippten nervös auf und ab. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Rechtsanwalt Harald Roos kündigte an, Revision dagegen einzulegen.

Der 49-jährige Angeklagte war im April 2019 festgenommen worden und sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Er war bereits 2001 vom Landgericht Memmingen wegen versuchten Mordes zu 13 Jahren und sechs Monaten Gefängnis verurteilt worden. Er hatte laut Urteil versucht, die Eltern einer Freundin mit Arsen zu vergiften.

Die Tat aus dem Jahr 2019 weise einige Parallelen zu den Ereignissen im Jahr 2000 auf, so der Vorsitzende Richter Jürgen Bonk. Sowohl das Opfer als auch die Annäherung an die Männer, die akribische Vorbereitung der Tat und der Versuch, den Opfern die Schuld zuzuweisen, seien auffällig. Damals wie bei dem jetzt verhandelten Fall habe sich die Wut zunächst gegen die Ehefrau gerichtet. Vielleicht habe der Angeklagte darin die Chance gesehen, dass sich der Ehemann hilfesuchend an ihn wendet und intensiverer Kontakt entsteht, erläuterte Bonk.

Die Kammer habe keinen Zweifel daran, dass bei dem Verurteilten eine homosexuelle Neigung bestehe, die er allerdings nicht wahrhaben wolle. Sie sei der Schlüssel zum Tatverständnis. Die beiden Männer kannten sich aus dem Tennisclub, wo der Angeklagte als Platzwart tätig war und die Nähe des späteren Opfers suchte. Der 63-Jährige aus dem Rheingau passte in das sexuelle Anforderungsprofil des Angeklagten, wie Bonk erklärte. Die deutliche Zurückweisung des Mannes sei eine Kränkung gewesen, die der jetzt Verurteilte nicht auf sich habe sitzen lassen wollen. Die Verantwortung für den Rückzug sah er jedoch nicht bei sich selbst, sondern bei der Ehefrau des Mannes, die in seinen Augen versuchte, die Kontaktaufnahme zu sabotieren. In der Folge sah sich insbesondere die Frau diversen Anschlägen ausgesetzt, die laut Gericht in dem Mordversuch gegen das Ehepaar gipfelten.

Die Urteilsverkündung wurde wegen der Corona-Pandemie ausgelagert und fand in einem Saal des "Hauses der Vereine" in Wiesbaden-Dotzheim statt.

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