Köln (dpa) - Eine schwangere Frau aus Köln trinkt für einen Routinetest eine Glukosemischung - wenige Stunden später sind sie und ihr per Notkaiserschnitt geborenes Baby tot. Die aus einer Apotheke stammende Glukose war verunreinigt. Rund vier Jahre nach diesem erschütternden Fall hat das Kölner Landgericht eine Apothekerin schuldig gesprochen.
Die Kammer verurteilte die 52-Jährige wegen fahrlässiger Tötung, fahrlässiger Körperverletzung und unterlassener Hilfeleistung zu zwei Jahren Haft auf Bewährung. Nach 16 Verhandlungstagen zeigte sich das Gericht überzeugt, dass ein „fataler Fehler“ der Angeklagten zum Tod der Frau und ihres Babys geführt habe.
Demnach habe die Geschäftsführerin einer Apotheke gegen „allgemein anerkannte Regeln ihres Berufs“ verstoßen. Sie habe „beim Ordnung schaffen“ einen Rest des Betäubungsmittels Lidocainhydrochlorid, den sie für Glukose gehalten habe, in ein identisch aussehendes Gefäß mit Glukose umgeschüttet. Das „Zusammenschütten von Substanzen aus zwei Gefäßen“ gelte in der Pharmazie jedoch als „absolutes No Go“, sagte die Vorsitzende Richterin.
Opfer starben an multiplem Organversagen
Eine 28-Jährige hatte 2019 bei einem Routinetest auf Schwangerschaftsdiabetes die verunreinigte Glukose-Mischung bei ihrem Frauenarzt eingenommen. Kurz darauf verlor sie mit schweren Vergiftungserscheinungen das Bewusstsein. Die Frau und ihr per Kaiserschnitt geholtes Baby starben wenig später im Krankenhaus an multiplem Organversagen.
Obwohl der Angeklagten nach dem sich rapide verschlechterten Gesundheitszustand der 28-Jährigen der Verdacht gekommen sei, dass eine Lidocain-Vergiftung vorliegen könnte, teilte sie dies laut Urteil den behandelnden Ärzten nicht mit.
Weitere Frau mit Vergiftungserscheinungen
Bereits zwei Tage zuvor hatte eine andere Schwangere ebenfalls verunreinigte Glukose zu sich genommen, die Einnahme aber nach einem Schluck wegen des bitteren Geschmacks abgebrochen. Auch diese Frau war mit Vergiftungserscheinungen in ein Krankenhaus gekommen, hatte sich dann aber rasch wieder erholt. Diesen Fall wertete das Gericht als fahrlässige Körperverletzung.
Ursprünglich war die Apothekerin unter anderem wegen versuchten Mordes durch Unterlassen angeklagt. An dieser Einschätzung hatte die Staatsanwaltschaft auch festgehalten und eine Haftstrafe von zweieinhalb Jahren gefordert. Die Verteidiger der Angeklagten plädierten hingegen auf Freispruch. Die 52-jährige Deutsche hatte im Prozess den Tod der Frau und ihres Babys bedauert, ein schuldhaftes Verhalten jedoch von sich gewiesen. Die Verteidiger kündigten an, gegen das Urteil Revision beim Bundesgerichtshof einzulegen.
Laut Urteil hat die Angeklagte an die Hinterbliebenen der Verstorbenen bereits insgesamt 75.000 Euro für Schadenersatz und Anwaltskosten gezahlt. Als Bewährungsauflage für die 52-Jährige setzte das Gericht zudem eine Zahlung von 20.000 Euro an die Kinderintensivstation der Kölner Uniklinik fest. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
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