Prozesse - Regensburg:Wolbergs wettert weiter: "Nichts mehr zu verlieren"

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Regensburg (dpa/lby) - Auch im zweiten Korruptionsprozess um den suspendierten Regensburger Oberbürgermeister Joachim Wolbergs sind die Emotionen hochgekocht. Staatsanwaltschaft und Verteidigung lieferten sich am Mittwoch scharfe Wortgefechte. "Ich habe alles verloren und habe nichts mehr zu verlieren", sagte Wolbergs. Er wolle erneut umfangreiche Angaben machen und sich gegen aus seiner Sicht falsche Anschuldigungen seitens der Staatsanwaltschaft wehren. Das Verfahren ist vor dem Landgericht wie geplant fortgesetzt worden, nachdem ein Befangenheitsantrag von Wolbergs und seinem Anwalt Peter Witting gegen drei der Richter am Dienstag abgelehnt worden war.

Einmal mehr warf Wolbergs der Regensburger Anklagebehörde schlampige und fehlerhafte Ermittlungsarbeit vor und kritisierte, dass die gegen ihn erhobenen Vorwürfe in zwei getrennten Verfahren verhandelt wurden und werden. Diese hätte man zusammenführen können. Er stehe vor Gericht, weil die Staatsanwaltschaft "jedes Maß und Ziel verloren hat". Die Behörde habe teils rechtswidrig oder gar nicht ermittelt: "Einen Großteil haben das Gericht selber oder die Verteidigung erledigen müssen."

Wolbergs ging auch auf die Debatte um die Höhe der Wahlkampfkosten ein. Sein 2013 für die SPD geführter OB-Wahlkampf habe etwa 850 000 Euro gekostet. Ermittler hätten bei Zeugenbefragungen sinngemäß gesagt, dass dies ungewöhnlich hohe Kosten seien. Jedoch, so führte Wolbergs aus, habe der Wahlkampf der CSU ebenfalls viel gekostet. Als er Spenden aufzählte, die die CSU damals erhalten habe, unterbrach ihn Staatsanwalt Wolfgang Voit: Was das mit dem Verfahren zu tun habe? Vorsitzender Richter Georg Kimmerl ließ Wolbergs weitersprechen, weil es sich um die Parteispendenproblematik drehe und Wolbergs das in seiner persönlichen Einlassung ausführen dürfe.

Der Kommunalpolitiker, der auch 2020 für den OB-Posten kandidiert, zählte einige Beispiele für Sonderermittlungen auf, die die Staatsanwaltschaft geführt habe - seiner Ansicht nach zu Unrecht. Einmal mehr verwies er auf den Fall eines SPD-eigenen Rollers, den er laut Anklagebehörde privat genutzt haben soll. Jedoch, so Wolbergs, sei der Roller lediglich zweimal gefahren worden - und zwar vom Geschäft zum Stellplatz und schließlich von dort zu einem anderen Stellplatz. Das lasse sich auch am Kilometerstand ablesen.

Er bemängelte einmal mehr, dass Fehler für die Staatsanwaltschaft keine Konsequenzen hätten. "Es ist alles egal." Jüngst war indes bekannt geworden, dass die Generalstaatsanwaltschaft in Nürnberg im ersten Prozess angeprangerte Ermittlungsfehler prüft. Darüber hinaus wurde dem Justizministerium und der Generalstaatsanwaltschaft zufolge eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die sich unter anderem mit der Optimierung der Telekommunikationsüberwachung befasst.

Wolbergs-Anwalt Witting hatte zuvor in seinem Eröffnungsvortrag auf den ersten Prozess gegen Wolbergs zurückgeblickt und auf die problematische Rechtslage bei der Parteienfinanzierung und bei Parteispenden verwiesen. So seien Kommunalpolitiker angehalten, Spenden einzuwerben und machten sich genau dadurch zugleich schnell der Korruption verdächtig. Wolbergs habe auf Basis geltender Bestimmungen gehandelt, sagte er. Der Verteidiger appellierte an das Gericht, sich von Vorverurteilungen seines Mandanten in der Öffentlichkeit nicht beeinflussen zu lassen.

Der frühere SPD-Politiker Wolbergs muss sich im Zusammenhang mit Parteispenden verantworten. Die Vorwürfe lauten auf Bestechlichkeit und Vorteilsnahme. Mit ihm stehen drei Bauunternehmer vor Gericht. Der Anklage nach wollten sich diese das Wohlwollen Wolbergs' bei der Vergabe von Bauprojekten sichern.

In einem ersten Prozess war Wolbergs in zwei Fällen wegen Vorteilsnahme verurteilt und in sämtlichen weiteren Anklagepunkten freigesprochen worden. Auf eine Strafe verzichtete das Gericht.

Der Prozess soll am 7. November fortgesetzt werden. Dann will Wolbergs mit seiner Einlassung zu den Vorwürfen fortfahren.

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