Prozesse - Regensburg:Ex-SPD-Stadtrat stützt Wolbergs im Korruptionsprozess

Bayern
Norbert Hartl, ehemaliger Fraktionsvorsitzender der Regensburger SPD, sitzt in einem Gerichtssaal. Foto: Armin Weigel/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Regensburg (dpa/lby) - Der frühere Fraktionsvorsitzende der Stadtrats-SPD in Regensburg, Norbert Hartl, ist im Korruptionsprozess um den suspendierten Oberbürgermeister der Stadt als Zeuge aufgetreten. Mit seiner Aussage bestätigte Hartl am Montag vor dem Landgericht im Kern die Angaben des suspendierten Rathauschefs Joachim Wolbergs. Diesem wird von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, er habe sich von Bauunternehmern mit Parteispenden im Kommunalwahlkampf 2014 bestechen lassen.

Zu einem der fraglichen Bauprojekte sagte Hartl, dessen Umsetzung sei von der Mehrheit im Stadtrat parteiübergreifend gewünscht gewesen. Dass der zuständige Referatsleiter die Genehmigung 2016 doch nicht erteilte, führte Hartl darauf zurück, dass zu diesem Zeitpunkt bereits die Ermittlungen gegen Wolbergs gelaufen seien und der Referatsleiter wohl vorsichtig geworden sei.

Wolbergs habe daraufhin selbst die Genehmigung erteilt - aber, so Hartl, nicht um dem Wunsch des Bauunternehmers nachzukommen, sondern weil es dem politischen Willen entsprochen habe. Er - Hartl - habe Wolbergs davon abgeraten, dies zu tun. Jedoch habe Wolbergs damals argumentiert, er teile der Staatsanwaltschaft eigens schriftlich mit, weshalb er diese Genehmigung selbst erteile.

Darüber hinaus sagte Hartl, dass Wolbergs während des Wahlkampfes noch dritter Bürgermeister unter dem damaligen OB Hans Schaidinger (CSU) gewesen und als solcher für Sozialthemen und nicht für Bauprojekte zuständig gewesen sei. Wenn Wolbergs in Abwesenheit Schaidingers stellvertretend eine Ausschusssitzung zu Bauthemen geleitet habe, habe er bestenfalls die Rolle eines Moderators inne gehabt, nicht aber Entscheidungen getroffen.

Zu einer Busrundfahrt, mit der Stadträte zu verschiedenen Bauprojekten gefahren fuhren - nach Ansicht der Staatsanwaltschaft, um ihnen die Projekte der Investoren schmackhaft zu machen - sagte der frühere SPD-Fraktionschef: "Es gab viele Busfahrten in diesen 42 Jahren, in denen ich im Stadtrat war." An jene, um die es im Prozess geht, könne er sich gar nicht erinnern. "Aber wenn alle sagen, dass ich dabei war, muss ich wohl dabei gewesen sein."

Dass es Kontakte zwischen Politikern und Bauunternehmern gebe, sei völlig normal. "Wenn einer etwas will, dann ruft er halt an." Man dürfe sich als Politiker eben nicht abhängig machen. "Man muss ihm sagen, was geht und was nicht. Und dann sagen wir auch: Das machen wir nicht."

Wolbergs' Verteidiger Peter Witting bilanzierte nach der Zeugenaussage: "Was Hartl berichtet hat, ist an Eindeutigkeit nicht zu überbieten." Und Wolbergs selber sagte an die Richter gewandt: "Wenn Sie das hier heute gehört haben, haben Sie vielleicht ein bisschen Verständnis dafür, dass ich nicht verstehe, warum ich hier sitzen muss."

Im ersten Prozess gegen Wolbergs war Hartl einer der drei Mitangeklagten gewesen. Im Juli vergangenen Jahres wurde er von den Vorwürfen freigesprochen. Rechtskräftig ist das Urteil noch nicht. Wolbergs war im ersten Prozess in zwei Fällen wegen Vorteilsannahme verurteilt und von sämtlichen weiteren Anklagepunkten freigesprochen worden. Im zweiten Prozess geht es ebenfalls um Parteispenden von Bauunternehmern im Wahlkampf 2014.

Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft wollten sich die Unternehmer den Oberbürgermeister gewogen machen, um bei der Vergabe von Bauprojekten berücksichtigt zu werden. Die Vorwürfe lauten auf Bestechlichkeit und Vorteilsannahme beziehungsweise Bestechung und Vorteilsgewährung. Die Angeklagten - neben Wolbergs inzwischen nur noch einer von ursprünglich drei Bauunternehmer - weisen dies zurück.

Das Verfahren gegen einen der Bauunternehmer hatte das Gericht gegen eine Geldauflage eingestellt, das Verfahren gegen den dritten wurde jüngst abgetrennt und soll gesondert zum Abschluss gebracht werden.

Hartl war nur wenige Monate nach seinem Freispruch nach fast 50 Jahren Mitgliedschaft aus der SPD ausgetreten - aus Enttäuschung über fehlende Solidarität seiner Person gegenüber. Einen gewissen Galgenhumor hat er sich aber bewahrt. Als er den Gerichtssaal verließ, sagte einer der beiden Staatsanwälte "Pfiat Eana" und Hartl konterte lachend: "Genau, Sagen Sie ja nicht "Auf Wiedersehen"."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: