Prozesse - München:Bayerns Grenzpolizei: Schlagabtausch vor Verfassungsgericht

Bayern
Jürgen Mistol im Bayerischen Verfassungsgerichtshof. Foto: Sven Hoppe/dpa (Foto: dpa)

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München (dpa/lby) - Für die Staatsregierung ist die vor zwei Jahren wiedereingeführte bayerische Grenzpolizei eine Erfolgsgeschichte, für die Grünen ist sie das "Symbol einer rückwärtsgewandten Politik". Am Montag kam es nun zum Schlagabtausch vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof. Die alles entscheidende Frage dabei: Verstößt die bayerische Grenzpolizei in ihrer derzeitigen Form gegen die Verfassung?

Davon sind die Grünen überzeugt. Ihnen ist die Grenzpolizei ohnehin ein Dorn im Auge, weil sie aus ihrer Sicht für eine Politik steht, mit der Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und seine CSU sich vor zwei Jahren vor allem der Klientel der AfD andienen wollten. Es sei "ein Beispiel aus diesem Sommer des Populismus", sagte der grüne Landtagsabgeordnete Jürgen Mistol vor Gericht - und darüber hinaus sei das alles mit der Verfassung gar nicht zu vereinbaren. "Für uns ist es eine verfassungsrechtliche Herzensangelegenheit."

Denn die Sicherung der deutschen Grenzen sei laut Grundgesetz Sache des Bundes und daran gebe es nichts zu rütteln. Wenn der Freistaat Bayern dann per Gesetz seiner eigenen Landespolizei ebenfalls die Kompetenz zur Grenzsicherung zuspricht, sei das schlicht und ergreifend ein schwerer Verfassungsverstoß.

"Verfassungsrechtlich gibt es keine bayerischen, sondern nur bundesdeutsche Außengrenzen", sagte der Regensburger Verfassungsrechtler Thorsten Kingreen, der vor Gericht an der Seite der Grünen saß. "Die Existenz jeder Föderation hängt davon ab, dass beide Seiten sich an die Regeln halten. Sie schützen vor Zentralismus ebenso wie vor Separatismus."

Die Staatsregierung und die CSU-Fraktion sehen das anders und betonen unter anderem, die bayerische Grenzpolizei werde ausschließlich in Abstimmung mit der Bundespolizei tätig. Deren Kompetenzen würden dadurch also nicht verletzt. Der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landtagsfraktion, Tobias Reiß, sprach von einem "synergetischen, kongenialen Zusammenwirken" von Bundes- und Landespolizei.

Gegen eine solche Zusammenarbeit haben die Grünen ja auch gar nichts, sagte Mistol. Die Gesetzgebung, die dem zugrunde liege, sei aber dennoch rechtswidrig.

Für den Landespolizeipräsidenten Wilhelm Schmidbauer liegt hier der Fehler in der Argumentation der Grünen. Für die Unterstützung der Bundespolizei sei eine rechtliche Grundlage auf der Ebene von Landesgesetzen nötig, betonte er nach der Verhandlung. "Ich hoffe natürlich, dass wir gewinnen."

Bayern geht mit der Grenzpolizei einen umstrittenen Sonderweg. Sie war bereits 1948 eingeführt und unter anderem für die Kontrollen an Grenzübergängen und Flughäfen in Bayern eingesetzt worden. 50 Jahre später, nach dem Wegfall der Grenzkontrollen zur ehemaligen DDR, der Aufhebung der Kontrollen an der Grenze zu Österreich und der Aufweichung der Grenzsituation nach Tschechien wurde sie aufgelöst.

Zum 1. August 2018 wurde sie dann im Zuge der Diskussion um Zuwanderung von Flüchtlingen etwa über die Balkanroute als Teil der Landespolizei wieder eingeführt und umfasste zunächst rund 500 Beamte. Bis 2023 plant das Innenministerium mit 1000.

Wie das Gericht die Sache einschätzt, darauf gab es am Donnerstag noch keine Hinweise. Gerichtspräsident Peter Küspert richtete kritische Nachfragen an beide Parteien und ließ dabei nicht durchblicken, wie seine eigene Sicht auf die Sache sein könnte. Das Urteil will der Verfassungsgerichtshof Ende des Monats bekanntgeben. Küspert setzte den Verkündungstermin auf den 28. August fest.

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