Prozesse - Mühlhausen/Thüringen:Fretterode-Prozess: Neuer Antrag soll Motive erhellen

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Eine Statue der Justitia steht mit Waage und Schwert in der Hand. Foto: Arne Dedert/dpa/Symbolbild (Foto: dpa)

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Mühlhausen (dpa/th) - Ein Ende des Fretterode-Prozesses wegen des Überfalls auf zwei Journalisten ist vor dem Landgericht Mühlhausen wieder in weite Ferne gerückt. Anders als geplant hielt die Staatsanwaltschaft am Montag kein Plädoyer. Dafür legte der Nebenklage-Anwalt Sven Adam einen weiteren, umfangreichen Beweisantrag vor. Damit wird es an diesem Dienstag auch nicht die Schlussvorträge von Nebenklage und Verteidigung geben. Stattdessen setzte die zuständige Kammer weitere Prozesstage bis Juli an.

Eigentlich waren in dieser Woche Plädoyers und dann Mitte Mai das Urteil erwartet worden. Der Prozess läuft bereits seit September vergangenen Jahres. Den beiden Angeklagten wird vorgeworfen, zwei Journalisten im April 2018 im Raum Fretterode in Nordthüringen angegriffen zu haben. Die beiden Journalisten waren schwer verletzt worden.

Beide Angeklagte werden der rechtsextremen Szene zugeordnet. Sie hatten die Tat zum Prozessauftakt teilweise eingeräumt - dabei allerdings angegeben, sie hätten in einer Art Notwehr gehandelt.

Der umfangreiche Beweisantrag der Nebenklage zielt auf die politische Einstellung der beiden Angeklagten ab. Nach Angaben von Adam soll damit deren Motiv für den Angriff auf die beiden Journalisten erhellt werden. Die Nebenkläger seien seit Jahren als Journalisten mit der Beobachtung der gewaltbereiten rechtsextremen Szene befasst. Deshalb seien sie "aus der inneren Logik der Ideologie der Angeklagten" als Gegner angesehen worden, sagte Adams bei der etwa einstündigen Verlesung des Antrages. "Es besteht ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Tätigkeit der Nebenkläger und dem durch die Angeklagten erfolgten Übergriff."

Die Nebenklage will unter anderem, dass in dem Prozess Fotos und Videos gezeigt werden, die belegen sollen, dass die beiden Männer immer wieder an rechtsextremen Aufmärschen und Kundgebungen teilgenommen haben und dabei auch mit "Lügenpresse"-Transparenten hantierten. Zudem sollen nach dem Willen der Nebenklage auch Erkenntnisse der Verfassungsschützer in die Verhandlung einfließen.

Die Motivlage der Angeklagten sei in dem Prozess bislang nicht ausreichend thematisiert worden, begründete Adam. Diese sei aber spätestens bei der möglichen Strafzumessung wichtig. Staatsanwaltschaft und Verteidigung haben nun mehrere Tage Zeit, Stellung zu dem Beweisantrag der Nebenklage zu nehmen. Ob das Gericht dem Antrag ganz oder teilweise folgen wird, ist noch unklar.

Der Prozess soll am 25. Mai fortgesetzt werden.

© dpa-infocom, dpa:220508-99-206379/4

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