Prozess:Tödliche Schüsse in Villa: Zweites Urteil ein wenig milder

Lesezeit: 1 min

Der 57 Jahre alte Angeklagte sitzt an seinem Platz in einem Gerichtssaal im Landgericht. (Foto: Markus Scholz/dpa/Archivbild)

Ein Hausbesitzer erschießt einen Einbrecher. Im zweiten Durchgang verurteilt ihn ein Gericht in Lübeck zu sechs Jahren Gefängnis. Die Verteidigung kündigt an, erneut dagegen in Revision zu gehen.

Von Eva-Maria Mester, dpa

Lübeck (dpa/lno) - Die Überraschung ist ausgeblieben: Im zweiten Prozess verurteilte das Landgericht Lübeck am Mittwoch den heute 60 Jahre alten Angeklagten wegen Totschlags zu sechs Jahren Haft. „Wir konnten keine Milderungsgründe ausmachen“, sagte der Kammervorsitzende Gunnar Ullrich am Mittwoch. „Aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit wusste der Angeklagte, dass Schüsse einen Menschen töten können.“

Der Angeklagte war viele Jahre lang Schießausbilder bei der Bundeswehr. Im Prozess hatte er gestanden, am 30. Dezember 2020 einen aus seiner Villa flüchtenden Einbrecher erschossen zu haben. Zusätzlich zur Gefängnisstrafe verurteile das Gericht den Angeklagten dazu, an die Verlobte seines Opfers 10.000 Euro Schmerzensgeld zu zahlen.

Der Bundesgerichtshof hatte ein erstes Urteil in dieser Sache im Mai 2022 aufgehoben und an das Landgericht zurück verwiesen. Das oberste deutsche Strafgericht hatte kritisiert, dass das Landgericht in seinem Urteil die Auswirkungen des Alkoholkonsums des Angeklagten nicht ausreichend geprüft habe.

Während der zurückliegenden neun Prozesstage hatte der Angeklagte die Verhandlung konzentriert verfolgt. Auch dem Urteil am Mittwoch folgte er aufmerksam. „Was geschehen ist, ist eine absolute Tragödie“, hatte der 60-Jährige am Vormittag in seinem Schlusswort gesagt. „Es tut mir sehr, sehr leid.“

Kurz vor Silvester war das 38 Jahre alte Opfer zusammen mit einem Mittäter durch ein Kellerfenster in die Villa des Angeklagten eingestiegen, die die beiden für unbewohnt hielten. Als sie den Besitzer im Obergeschoss überraschten, ergriffen sie die Flucht. Der Hausbesitzer verfolgte sie durch das voll gestellte Treppenhaus und schoss dabei dreimal auf die Flüchtenden. „Alle drei Projektile trafen den 38-Jährigen“, sagte Ullrich. „Doch schon das erste verursachte letztlich den Tod des Mannes“, sagte Ullrich. Das Opfer starb kurz nach der Ankunft im Krankenhaus. Er sei verblutet, hatte eine Gerichtsmedizinerin vor Gericht ausgesagt.

Verteidiger Patrique Noetzel dagegen hob in seinem Plädoyer darauf ab, dass es sich bei den Schüssen um einen so genannten Notwehrexzess gehandelt habe. Dabei überschreitet der Täter die Grenzen der Notwehr aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken. „In einem solchen Fall, der meiner Überzeugung nach hier vorliegt, wird der Täter nicht bestraft“, sagte Noetzel. Er und sein Kollege Christian Albrecht kündigten an, erneut in Revision gehen zu wollen.

© dpa-infocom, dpa:230322-99-48624/3

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: