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Prozesse - Köln:Stadt-Mitarbeiter getötet: Bessere Alarm-Systeme gefordert

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Köln (dpa/lnw) - Zwei Mitarbeiter der Kölner Stadt-Kämmerei wollen bei einem säumigen Bürger Geld eintreiben - doch für einen der Bediensteten endet der vermeintliche Routine-Einsatz tödlich: Der 47-Jährige wird bei dem Hausbesuch erstochen. Am Freitag (9.15 Uhr) beginnt vor dem Kölner Landgericht der Prozess gegen den mutmaßlichen Täter wegen Mordes. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der 60-Jährige nicht schuldfähig ist und hat für ihn die Unterbringung in der Psychiatrie beantragt.

Der Angeklagte soll den Stadt-Mitarbeiter im vergangenen Dezember unvermittelt mit einem Küchenmesser angegriffen haben, als dieser mit einer Kollegin bei ihm klingelte. Ein Notarzt konnte ihn nicht mehr retten. Die Frau blieb unverletzt. Die Tat hatte bundesweit für Entsetzen gesorgt und eine politische Debatte ausgelöst.

Denn der 60-Jährige soll bereits im März 2019 eine städtische Mitarbeiterin mit einem Schraubendreher attackiert und leicht verletzt haben - die Staatsanwaltschaft wertete das als versuchten Mord. In einer psychiatrischen Klinik soll er zudem gegen zwei Pflegekräfte gewalttätig geworden sein.

Diese Vorgeschichte war der Kämmerei aber nicht bekannt, so dass der 47-Jährige und seine Kollegin ahnungslos bei dem Mann klingelten. Als Konsequenz aus dem tödlichen Angriff gibt es bei der Stadt Köln seit Ende April nun ein ämterübergreifendes Meldesystem, in dem Übergriffe auf städtische Mitarbeiter registriert werden.

Beamten-Gewerkschaften halten Meldesysteme, wie es sie in Köln und anderen Kommunen inzwischen gebe, für einen wichtigen Schritt - der jedoch nicht weit genug gehe. "Es ist nicht ausreichend, wenn jede Kommune ihr eigenes System hat", sagte der NRW-Landesvorsitzende der Gewerkschaft komba, Andreas Hemsing. Nötig seien einheitliche Standards, damit valide Daten erhoben werden könnten. Daraus ließen sich dann Angaben zur Gefährdungslage und der benötigten Schutzausrüstung und -ausbildung der Mitarbeiter ableiten.

Der Vorsitzende des Deutschen Beamtenbundes (DBB) NRW, Roland Staude, forderte neben einheitlichen Meldesystemen bei den Kommunen auch eine bessere Vernetzung mit den Landes- und Bundesbehörden. Wenn ein "Klient" etwa bei der Polizei oder bei der Bundesagentur bereits als aggressiv aufgefallen sei, erführen die Kommunen in der Regel nichts davon, kritisierte Staude.

Auch NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) hatte sich nach der tödlichen Attacke dafür ausgesprochen, die Erfassungs- und Meldesysteme für Übergriffe auf Amtsträger zu verbessern.

Für Gerichtsvollzieher soll ein Erlass der Landesregierung vom Februar mehr Sicherheit bringen: Vor einem Einsatz dürfen sie nun ohne Angabe von Gründen bei der Polizei nachfragen, ob ein Schuldner dort bereits bekannt ist. Für kommunale Vollstreckungsbeamte gilt dieser Runderlass jedoch nicht.

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