Istanbul/Ulm (dpa/lsw) - Die Freilassung der deutschen Journalistin und Übersetzerin Mesale Tolu aus der Untersuchungshaft in der Türkei hat in ihrer Heimatstadt Ulm Freude und Erleichterung ausgelöst. "Ich bin dankbar, dass meine jüngere Schwester freigekommen ist", sagte Hüseyin Tolu der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten" (Dienstag). Die Hoffnung auf einen Freispruch seien dadurch gestiegen. Baki Selcuk, Sprecher des Unterstützerkreises, bedauerte am Montag gegenüber den Zeitungen, dass es nicht zu einem Freispruch kam. "Unsere Arbeit ist nicht beendet", sagte er. Dennoch sei er erleichtert.
Das Istanbuler Gericht hatte am Montag die Freilassung von Tolu und fünf weiteren inhaftierten Angeklagten angeordnet, jedoch auch ein Ausreiseverbot verhängt. Tolu muss sich zudem einmal die Woche bei der Polizei melden. Bis zu einem Urteil wird sie auf freien Fuß gesetzt - das Verfahren gegen die Journalistin und 17 türkische Angeklagte wegen Mitgliedschaft in einer Terrororganisation geht jedoch weiter. Mit Terrororganisation ist die linksextreme MLKP gemeint, die in Deutschland vom Verfassungsschutz beobachtet wird.
Die von der Staatsanwaltschaft beantragte Freilassung sei ein Zeichen dafür, dass die Vorwürfe keine Substanz hätten, teilte der Ulmer Landtagsabgeordnete Jürgen Filius (Grüne) mit. "Die Auflagen müssen aufgehoben und Mesale Tolu die Ausreise nach Deutschland ermöglicht werden. Die heutige Entscheidung sehe ich als richtungsweisend und freue mich für Mesale und ihre Familie." Der Ulmer Oberbürgermeister Gunter Czisch (CDU) sagte gegenüber dem SWR, In Ulm gebe es viele Menschen, die Anteil nehmen und auch fordern, dass Mesale Tolu freigesprochen wird.
Der aus Ulm stammenden Tolu drohen nach Angaben ihrer Anwälte bis zu 20 Jahre Haft. Die Angeklagten fordern ihren Freispruch. Prozessauftakt war am 11. Oktober. Nächster Verhandlungstermin in dem Verfahren ist der 26. April 2018.