Hamburg (dpa/lno) - Er wollte die Trennung nicht akzeptieren und griff seine Ehefrau mit Kabelbindern an: Für diese Attacke hat das Landgericht Hamburg einen 41-Jährigen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. "Er würgte und strangulierte die Geschädigte bis zur Bewusstlosigkeit", sagte der Vorsitzende Richter Thees Willemer am Donnerstag. Der Angeklagte habe sich bei der Tat am 30. Mai vergangenen Jahres der gefährlichen Körperverletzung schuldig gemacht. Außerdem habe er in der Zeit zuvor in 57 Fällen den höchstpersönlichen Lebensbereich seiner Frau verletzt, weil er sie heimlich durch das Schlüsselloch der Badezimmertür gefilmt habe.
Ursprünglich hatte sich der Mann wegen Mordversuchs vor dem Landgericht verantworten müssen. Er sei jedoch nicht wegen versuchten Mordes zu verurteilen, weil er davon strafbefreiend zurückgetreten sei, betonte die Kammer. Der Familienvater habe selbst die Rettungskräfte verständigt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der stämmige und kahlköpfige Angeklagte verfolgte die Worte des Vorsitzenden Richters bewegt, mehrfach senkte er den Kopf.
In den vergangenen Jahren hatte sich die Beziehung des Ehepaares nach Überzeugung des Gerichts immer weiter verschlechtert. Der Mann habe der gelernten Altenpflegerin vorgeworfen, sie sei nach einem beruflichen Aufstieg hochnäsig geworden. Er habe sie ständig kontrollieren wollen, viel getrunken, sagte Willemer. Über die Zeit vor der Tat sagte er zu dem Angeklagten: "Sie haben viel falsch gemacht." Die Frau habe lange versucht, die Beziehung zu retten. Schließlich habe sie keinen anderen Ausweg als die Trennung gesehen. Der Mann nahm sich im März 2021 eine eigene Wohnung in Hamburg-Rahlstedt.
Am Tattag hatte das Paar, das zwei Kinder hat, sich noch einmal in der ehemaligen Familienwohnung getroffen. Dabei bekräftigte die damals 38-Jährige, dass sie keine Zukunft mehr für die Ehe sehe. Erst sei er ganz ruhig gewesen, hatte die Frau, die zugleich Nebenklägerin ist, unter Tränen als Zeugin berichtet. Ihr Mann habe dann noch ein paar Sachen aus dem Schlafzimmer holen wollen. Sie habe sich mit einem Kaffee auf die Terrasse legen wollen. Es habe jedoch eine Auflage für die Liege gefehlt.
Als sie das Polster aus dem Schlafzimmer holen wollte, habe der Mann seiner Frau unvermittelt mit der Faust aufs Gesicht geschlagen und sie gewürgt, sagte Willemer. Die Frau befand sich bei dem Angriff nach Überzeugung der Kammer in akuter Lebensgefahr und erlitt zahlreiche Verletzungen. Erst im Krankenhaus sei sie wieder zu sich gekommen, hatte das Opfer vor Gericht gesagt. Bei ihrer Aussage habe man gemerkt, wie sehr sie noch heute unter dem Vorfall leide, betonte der Vorsitzende Richter. Laut Gericht gab es keine Hinweise für eine verminderte Schuldfähigkeit des nicht vorbestraften Angeklagten. Für den Mann spreche, dass er die Taten weitgehend eingeräumt habe.
Die Staatsanwaltschaft hatte zehn Jahre Haft für den Angeklagten gefordert. Die Nebenklagevertreterin der 38-Jährigen schloss sich dieser Strafforderung an. Die Verteidigerin beantragte sieben Jahre Haft.
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