Prozesse:Gericht entscheidet: Tortendesign ist Kunst

Lübeck (dpa) - Eine Lübecker Tortendesignerin hat im Streit um die Frage, ob sie Handwerkerin oder Künstlerin ist, einen klaren Sieg errungen. Das Amtsgericht Lübeck sprach die 47-jährige Sylvia Zenz am Mittwoch vom Vorwurf der Schwarzarbeit und der unerlaubten Handwerksausübung frei.

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Lübeck (dpa) - Eine Lübecker Tortendesignerin hat im Streit um die Frage, ob sie Handwerkerin oder Künstlerin ist, einen klaren Sieg errungen. Das Amtsgericht Lübeck sprach die 47-jährige Sylvia Zenz am Mittwoch vom Vorwurf der Schwarzarbeit und der unerlaubten Handwerksausübung frei.

"Der Gestaltung individueller Motivtorten liegt eine eigenständige kreative Leistung zugrunde, die über das im Konditorhandwerk übliche Maß hinausgeht", begründete Amtsrichter Thomas Weidental seine Entscheidung. 

Die Abgrenzung zwischen Kunst und Handwerk sei oft schwer, sagte der Richter. "Schließlich steckt in jeder künstlerischen Arbeit auch immer ein Stück Handwerk und umgekehrt. Doch in diesem Fall überwiegt die Kunst", sagte er. Zenz, die sich als freie Künstlerin bezeichnet, reagierte erleichtert: "Endlich habe ich nicht mehr das Gefühl, etwas Verbotenes zu tun." Die 47-Jährige betreibt in Lübeck ein Geschäft für Tortenzubehör. Nebenberuflich gestaltet sie im Kundenauftrag Torten und gibt Kurse in Tortendesign.

"Wie lange die Anfertigung dauert, lässt sich nie voraussagen", antwortete sie auf die Frage des Richters, wie viel Zeit sie auf die Tortengestaltung verwende. "Ich fertige im Schnitt zwei Torten im Monat", sagte sie.

Die Handwerkskammer Lübeck hatte von Zenz verlangt, dass sie sich für einen Teilbereich des Konditorhandwerks in die Handwerksrolle eintragen lässt - mit einer Ausnahmegenehmigung, da sie keine Konditormeisterin ist. Weil Zenz das ablehnte, hatte die Kammer den Fall an das Ordnungsamt Lübeck übergeben. Das verhängte ein Bußgeld und leitete die Sache an die Staatsanwaltschaft weiter, als die streitbare Unternehmerin gegen den Bescheid Widerspruch einlegte. Die Handwerkskammer war in dem Prozess nur als Zeugin geladen.

Für den Sprecher der Handwerkskammer, Ulf Grünke, stellt das Urteil keinen Präzedenzfall dar. "Bislang hatte Frau Zenz nur behauptet, dass sie Künstlerin sei. Jetzt hat der Richter festgestellt, dass sie Künstlerin ist", sagte er. Doch auch in Zukunft werde jeder Fall ganz individuell zu prüfen sein, sagte Grünke. 

Unterstützung erhielt Zenz von Kolleginnen, die nach Lübeck gekommen waren. Einige trugen T-Shirts, auf denen Sprüche prangten - etwa "Cakedesign is not a crime" (Tortendesign ist kein Verbrechen).

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: