Prozesse - Gera:Verfolgungsjagd auf A4, 37-Jähriger: "War auf der Flucht"

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Eine Figur der Justitia. Foto: picture alliance/dpa/Symbolbild (Foto: dpa)

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Gera (dpa/th) - Mit hohem Tempo Autos rechts überholt, zwei Streifenwagen gerammt, eine Tunnelschranke durchbrochen: Bei einer Verfolgungsjagd hat sich ein Mann aus Brandenburg auf der Autobahn 4 (Eisenach-Dresden) über mehr als 100 Kilometer von nichts aufhalten lassen. Das war im Januar 2017. Mehr als drei Jahre danach muss er sich nun vor dem Landgericht Gera verantworten. Zum Prozessauftakt am Donnerstag gestand er, vor einer Polizeikontrolle geflüchtet zu sein. Dass er versucht habe, Polizeiwagen abzudrängen, bestritt er. Vielmehr hätten die Beamten ihn aus ihrem Auto heraus bedroht - per Schlagstock und Waffe.

Laut Anklage hatte der Mann als gestohlen gemeldete Kennzeichen an seinen abgemeldeten Wagen montiert und war damit am helllichten Tag einer Streife der Autobahnpolizei nahe Eisenach aufgefallen. Doch statt anzuhalten, ergriff er die Flucht. Es folgte die wilde Verfolgungsjagd auf der Autobahn mit mehreren Streifenwagen, wie auf Videos von Tunnel-Überwachungskameras zu sehen ist, die im Gerichtssaal gezeigt wurden. Eine Szene zeigt, wie andere Autos vor dem Portal des Jenaer Lobdeburgtunnels halten, der Wagen des Mannes sich mit hohem Tempo hindurchschlängelt und schließlich die geschlossene Schranke durchbricht.

Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft wollte der heute 37-Jährige mit seiner Flucht andere Straftaten verdecken. So hatte er am Abend zuvor nicht nur Drogen genommen, sondern auch weitere in seinem Wagen - zudem drei Signalpistolen sowie Munition. Außerdem war sein Auto nicht haftpflichtversichert. Die Anklage lautet untere anderem auf gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr. Dafür sieht das Gesetz bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe vor.

"Ich war auf der Flucht, habe damals im Auto gelebt", erzählt der vorbestrafte Mann. Zuvor hätte er nicht nur seine Lebensgefährtin, sondern auch seine Arbeit verloren. Deswegen habe er übers Wochenende bei einem Bekannten gearbeitet und am Sonntag wieder nach Hause fahren wollen, als plötzlich der Polizeiwagen vor ihm aufgetaucht sei und ihn kontrollieren wollte. Gerast sei er nicht, sagte er, sondern nur mit 120 oder 130 Stundenkilometern gefahren. Dem hielt Richterin Christina Lichius entgegen, dass in der Akte von 170 bis 180 Kilometern pro Stunde die Rede sei.

Geendet hatte die rasante Flucht durch Thüringen nach früheren Angaben der Polizei abseits der Autobahn bei Rüdersdorf (Kreis Greiz), wo der Mann selbst einen Unfall verursacht haben soll. Er sei ausgestiegen, habe sich auf die Erde gelegt und Polizisten hätten ihm Hand- und Fußfessel angelegt, berichtete er vor Gericht. Später habe er sich bei einem Beamten entschuldigt, dass sein Auto beschädigt sei. "Ich hatte mitbekommen, dass das sein Lieblingsauto war."

Verletzt wurde bei der Verfolgungsjagd niemand, doch entstand Schaden von etlichen Tausend Euro. Für den Prozess sind zwei weitere Verhandlungstermine geplant.

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