Prozesse:Energieversorger dürfen säumigen Zahlern Strom abstellen

Karlsruhe (dpa) - Wer aus Protest gegen eine hohe Stromrechnung kein Geld überweist, sitzt vielleicht bald im Dunkeln. Wenn Zahlungen ausbleiben, dürfen Energieversorger Kunden den Strom abstellen, urteilte der Bundesgerichtshof. Der Rechtsstreit könnte aber in eine neue Runde gehen.

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Karlsruhe (dpa) - Wer aus Protest gegen eine hohe Stromrechnung kein Geld überweist, sitzt vielleicht bald im Dunkeln. Wenn Zahlungen ausbleiben, dürfen Energieversorger Kunden den Strom abstellen, urteilte der Bundesgerichtshof. Der Rechtsstreit könnte aber in eine neue Runde gehen.

Bei einem Streit um Preiserhöhungen müsse der Kunde wenigstens einen Teil der Rechnung bezahlen, hieß es in der Urteilsbegründung. Ansonsten dürften die Unternehmen den Kunden vom Netz nehmen.

Die Richter wiesen damit die Klage eines RWE-Kunden ab, dem 2009 der Strom abgeklemmt worden war. Der Schreibwarenhändler aus dem Siegerland (Nordrhein-Westfalen) hatte aus Protest gegen Preiserhöhungen 2008 seine Jahresabrechnung in Höhe von 1300 Euro für seinen Laden nicht beglichen.

Die Stromsperre sei gerechtfertigt gewesen, entschied der BGH. Denn der Kläger hätte wenigstens den vereinbarten Grundpreis in Höhe von 1005 Euro zahlen müssen. Weder der Kläger selbst noch RWE wollten das Urteil zunächst kommentieren.

Der Anwalt des Schreibwarenhändlers, der Koblenzer Jurist Oliver Mogwitz, erwägt nun eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht. Verbraucher könnten in einer Stromrechnung kaum erkennen, welchen Grundpreis sie zahlen müssten und wo die von ihnen nicht akzeptierte Preiserhöhung anfinge, kommentierte er das Urteil. Anscheinend verlange der BGH aber derartige Rechenkünste von den Kunden, was den Verbraucherschutz aushöhle. Er überlege daher, seinem Mandanten den Gang zum Verfassungsgericht zu empfehlen.

Stromversorger dürfen laut Gesetz ab einem Rückstand von 100 Euro den Strom abstellen - wenn die fehlende Summe nicht schlüssig begründet wird, zum Beispiel mit einem Widerspruch gegen Preiserhöhungen. Zuvor müssen sie ihren Kunden abgemahnt und die Sperrung angedroht haben. Die Maßnahme muss außerdem verhältnismäßig sein. Die Bundesnetzagentur hat ermittelt, dass es über 300 000 Stromsperren im Jahr 2011 gegeben hat.

Fast ausnahmslos sind davon Hartz-IV-Empfänger oder Menschen mit sehr niedrigen Einkommen betroffen. Im Schnitt wurde eine Sperre bei einem Rückstand von 120 Euro angedroht. Es sei jedoch keineswegs so, dass einem Kunden sofort bei Zahlungsverzug der Strom abgestellt werde, hatte ein RWE-Sprecher der Nachrichtenagentur dpa am Dienstag mitgeteilt.

Der Geschäftsmann hatte gegen die Sperre geklagt und wollte feststellen lassen, dass das Abstellen rechtswidrig gewesen sei. Mehrere Wochen sei sein Laden vom Netz abgeklemmt gewesen, sagte der Fachhändler, der anonym bleiben will. Das habe seinem Geschäft dauerhaft geschadet. Bereits die Vorinstanzen hatten seine Klage abgewiesen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: