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Prozesse - Dresden:Revolution Chemnitz: Laut Prozess-Zeuge war Antifa im Visier

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Dresden (dpa/sn) - Ein Teil der rechtsextremen Gruppe Revolution Chemnitz wollte nach Aussagen eines Beschuldigten auf der Chemnitzer Schlossteichinsel zunächst Rache an der Antifa nehmen. Das gab ein Beamter des Landeskriminalamtes Sachsen am Montag am Oberlandesgericht Dresden zu Protokoll. Der Beamte hatte einen heute 29 Jahre alten Angeklagten seinerzeit vernommen und wurde nun als erster Zeuge im Prozess gegen die mutmaßlichen Rechtsterroristen gehört. Der Mann habe berichtet, dass wenige Tage vor dem Geschehen am Schlossteich am 14. September 2018 der Bekannte eines weiteren Angeklagten von der Antifa verletzt worden sei. Dies habe man zum Anlass nehmen wollen, sich zu rächen.

Mitglieder der Antifa trafen die Beschuldigten damals nicht auf der Schlossteichinsel an. Allerdings kesselten sie eine Gruppe von Ausländern ein, die dort ein Grillfest veranstalteten. Einer von ihnen erlitt später eine Platzwunde am Kopf. Außerdem wurden Jugendliche in die Flucht geschlagen, die auf der Insel feierten. Zudem erhielt ein junger Mann Schläge ins Gesicht.

Die Aktion auf der Schlossteichinsel diente nach Ansicht der Generalbundesanwaltschaft als eine Art "Probelauf" für eine geplante Tat am 3. Oktober, dem Tag der Deutschen Einheit. Was da genau vorgesehen war, liegt bisher weitgehend im Dunkeln. Die Anklage geht davon aus, dass die Gruppierung einen Umsturz der demokratischen Ordnung mit Waffen plante.

Der Generalbundesanwalt wirft den 21 bis 32 Jahre alten Männern vor, die Gruppe "Revolution Chemnitz" in einer Chat-Gruppe gegründet zu haben. Die acht Beschuldigten sind wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung angeklagt, fünf von ihnen zudem wegen schweren Landfriedensbruchs und einer wegen gefährlicher Körperverletzung. Die Anklage attestiert den Beschuldigten eine nationalsozialistische Gesinnung.

Auslöser für die Bildung der Gruppe war der gewaltsame Tod eines Deutschen am Rande des Chemnitzer Stadtfestes Ende August 2018. Danach kam es in der Stadt zu ausländerfeindlichen Ausschreitungen. Am 10. September soll die Chat-Gruppe entstanden sein. Per Chat habe man sich auch für die Aktion am 14. September verabredet, auf Totschläger und Schlagringe auf Anraten des mutmaßlichen Rädelsführers aber verzichtet, so die Anklage. Allerdings sollen einige Teilnehmer Quarzhandschuhe angezogen haben. Auch ein Stock mit Kugeln soll eine Rolle gespielt haben.

Zum Auftakt des zweiten Verhandlungstages war es zunächst darum gegangen, ob frühere Vernehmungen des 29 Jahre alten Angeklagten rechtens waren. Seine Verteidiger hielten sie für unzulässig, weil kein Anwalt zugegen war und ihr Mandant bei einer sechsstündigen, nächtlichen Befragung ermüdet sei. Die Verteidigung wollte den betroffenen LKA- Beamten deshalb am Montag nicht vernehmen lassen. Richter Hans Schlüter-Staats wies das Ansinnen zurück. Er konnte keine "Hilflosigkeit" des Beschuldigten bei dessen damaliger Vernehmung erkennen. Schlüter-Staats deutete an, dass einer der Beschuldigten eventuell am 28. Oktober aussagen wird. Bislang schweigen alle Angeklagten.

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