Prozesse - Dresden:Prozess gegen mutmaßliche Linksextremisten: Letztes Plädoyer

Prozesse - Dresden: Ein Schild mit der Aufschrift "Angeklagter" wird auf die Gerichtsbank gestellt. Foto: Arne Dedert/dpa/Symbolbild
Ein Schild mit der Aufschrift "Angeklagter" wird auf die Gerichtsbank gestellt. Foto: Arne Dedert/dpa/Symbolbild (Foto: dpa)

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Dresden (dpa/sn) - Im Prozess gegen die mutmaßliche Linksextremistin Lina E. und drei weitere Beschuldigte hat die Verteidigung auch im letzten Plädoyer scharfe Kritik an der Generalbundesanwaltschaft (GBA) und dem Gericht geübt. Einar Aufurth, Verteidiger eines Angeklagten aus Berlin, warf der GBA vor, den gesellschaftlichen Kontext der angeklagten Taten überhaupt nicht beachtet zu haben. Sie beurteile die Taten ohne jeglichen Bezug zur gesellschaftlichen Realität.

Der Anwalt verwies in diesem Zusammenhang auf rechten Terror, die Verbrechen des NSU und die vielen Todesopfer rechter Gewalt in Deutschland seit 1990. Es gebe eine lange Geschichte rechter Gewalt und ein Versagen des Staates im Umgang mit dieser Gewalt.

Der Prozess am Dresdner Oberlandesgericht hatte im September 2021 unter hohen Sicherheitsvorkehrungen begonnen. Neben der 28 Jahre alten Studentin Lina E. müssen sich drei Männer aus Leipzig und Berlin verantworten. Die GBA wirft ihnen vor, zwischen 2018 und 2020 Leute aus der rechten Szene in Leipzig, Wurzen und Eisenach zusammengeschlagen zu haben. Zudem sind sie wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung angeklagt, als deren Kopf Lina E. gilt.

Ein Kronzeuge hatte die Beschuldigten belastet. Die Verteidigung spricht von einem politischen Prozess. Die GBA hatte für Lina E. acht Jahre Haft verlangt. Für die anderen Beschuldigten wurden Strafen zwischen zwei Jahren und neun Monaten und drei Jahren neun Monaten beantragt.

Wie zuvor andere Verteidiger sprach auch Aufurth am Mittwoch von Beweislastumkehr. Wenn Angeklagte verurteilt würden, nur weil die Verteidigung den Gegenbeweis nicht antreten könne, habe das alles mit einem rechtsstaatlichen Verfahren nichts mehr zu tun.

Für den ersten Überfall in Eisenach habe sein Mandant ein Alibi. Es sei durch Aufzeichnungen aus einer Überwachungskamera erwiesen. Vieles spräche dafür, dass das Alibi wissentlich vorenthalten wurde. Aber auch wenn es versehentlich geschah, sei das ein Beleg dafür, dass die GBA den Überblick über Beweismittel verloren habe. Generalbundesanwältin Alexandra Geilhorn halte unerbittlich an falschen Thesen fest.

Rechtsanwältin Undine Weyers sprach den Vorsitzenden Richter Hans Schlüter-Staats persönlich an. Die Verteidigung habe sich bei dem Verfahren in einer "verzweifelten Position" und auf "verlorenem Posten" befunden. Man habe den Eindruck gewonnen, dass der Vorsitzende nicht wirklich zuhören könne und schon alles feststehe. Das Plädoyer sollte am Nachmittag fortgesetzt werden.

© dpa-infocom, dpa:230524-99-809019/2

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