Prozesse - Dresden:Gericht verhängt Haftstrafen gegen Rechtsextreme

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Blick auf das Landgericht Dresden. Foto: Robert Michael/zb/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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Dresden (dpa/sn) - Das Landgericht Dresden hat gegen sechs mutmaßliche Mitglieder der rechtsextremen "Freien Kameradschaft Dresden" (FKD) Haftstrafen zwischen zwei Jahren und zehn Monaten und sechs Jahren verhängt. Dabei wurde die unterschiedliche Tatbeteiligung gewertet. Rädelsführer Benjamin Z. (31) bekam vier Jahre und vier Monate Haft. Angeklagt waren fünf Männer sowie eine Frau, die die geringste Strafe erhielt. Die Beschuldigten wurden wegen der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, schwerem Landfriedensbruch, gefährlicher Körperverletzung und Sprengstoffexplosionen verurteilt.

Das Gericht ging davon aus, dass die Kameradschaft nicht von Anfang an auf Gewalttaten aus war. Allerdings habe sie sich nach ihrer Gründung im Juli 2015 schnell radikalisiert, hieß es. Die FKD hatte wiederholt Gewalttaten gegenüber Ausländern, Andersdenkenden und auch Polizisten verübt. Die Taten seien aus fremdenfeindlichen und rassistischen Motiven begangen worden, sagten die Richter in ihrer Urteilsbegründung.

Die Generalstaatsanwaltschaft hatte Haftstrafen von bis zu sieben Jahren für die 25- bis 31-Jährigen gefordert, für die 29 Jahre alte Frau eine Bewährungsstrafe. Die höchste Strafe wurden gegen ein FKD-Mitglied mit einem umfangreichen Vorstrafenregister verhängt. Er ist bereits 29 Mal vorbestraft. Da bis auf ihn alle Angeklagten das Strafmaß bereits durch Untersuchungshaft komplett oder zum Großteil verbüßt haben, kamen sie am Freitag auf freien Fuß.

Die sächsische Linke-Politikerin Kerstin Köditz wertete das Urteil als deutliches und wichtiges Zeichen. "Nach 115 Verhandlungstagen und einer umfangreichen Beweisaufnahme mit mehr als 100 Zeuginnen und Zeugen steht fest, dass die Angeklagten einer kriminellen Vereinigung angehört und erhebliche Gewaltstraftaten begangen haben." Auch am rassistischen Hintergrund der militanten Kameradschaft bestehe kein Zweifel. Der Richter habe das im Urteilsspruch bestätigt.

"Dass die Strafe nicht auf dem Fuß folgte, liegt nicht an dem langen Prozess - sondern daran, dass die Ermittlungen anfänglich nur mit angezogener Handbremse liefen. Die Täter fühlten sich so sicher, dass sie in sozialen Netzwerken offen für ihre Gruppe werben konnten", erklärte Köditz.

Mit einer Serie von Razzien sei die FKD erst Ende 2016 zerschlagen worden - viel zu spät. Die Ermittlungen hätten offenbar erst Fahrt aufgenommen, nachdem der Generalbundesanwalt die "Gruppe Freital" unter die Lupe nahm. Die FKD und die "Gruppe Freital" hatten gemeinsam ein alternatives Wohnprojekt überfallen.

Nach den Worten von Köditz kam der Nebenklage im Prozess eine wichtige Rolle zu. Sie habe unter anderem die bedeutsame Funktion der Pegida-Bewegung beleuchtet: "Bei den Versammlungen in Dresden fanden die späteren Gruppenmitglieder zueinander, gründeten die Kameradschaft nach einem der montäglichen Aufmärsche. Sie vernetzten sich dort auch mit der rechtsterroristischen "Gruppe Freital", mit der die FKD dann teils gemeinsam zuschlug."

"Die Haftstrafen und auch die deutlichen Worte, die insbesondere die Staatsanwaltschaft im Plädoyer zum Zusammenhang der Taten der Mitglieder der Kameradschaft und Pegida gefunden haben, machen deutlich, dass die Justiz die Radikalisierung der rechten Szene durchaus in einen größeren Kontext einordnet", erklärte Grünen- Abgeordneter Valentin Lippmann. Pegida und auch die AfD, die sich mit Pegida gemein mache, hätten den Boden für schwerste Straftaten mit rassistischen und neonazistischen Motiven bereitet. Die Politik müssen solchen begünstigenden gesellschaftlichen Entwicklungen fortan viel deutlicher und schärfer widersprechen.

Sachsens Justiz hatte lange gegen die FKD ermittelt. In weiteren Prozessen wurden bereits fünf Angeklagte als Mitglieder der FKD verurteilt. Seit November 2018 läuft ein weiterer Prozess gegen drei Männer, die zur FKD gehört oder sie unterstützt haben sollen. Ihnen wird die Beteiligung an denselben Taten vorgeworfen. Verschiedene von ihnen sollen unter anderem bei rechtsextremen Krawallen in Heidenau Polizisten attackiert haben, am Überfall auf das Dresdner Wohnprojekt und an der Randale von Hooligans und Neonazis Anfang 2016 in Leipzig-Connewitz mitgewirkt haben.

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