Süddeutsche Zeitung

Prozesse - Dessau-Roßlau:Rentner misshandelt und verschleppt: Angeklagter schweigt

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Dessau-Roßlau (dpa) - Ein 54-Jähriger, der einen Rentner auf der Gassi-Runde mit seinem Hund verschleppt, misshandelt und getötet haben soll, will sich vor Gericht nicht zu den Vorwürfen äußern. "Mein Mandant schweigt", erklärte der Verteidiger des Angeklagten am Mittwoch am Landgericht Dessau-Roßlau knapp. Der Mann, der wegen Freiheitsberaubung, Körperverletzung und Mordes angeklagt ist, folgte der Verlesung der Anklage aufmerksam und ruhig. Die 76 Jahre alte Witwe des Opfers, die als erste Zeugin gehört wurde, blickte er hin und wieder kurz an. Teils unter Tränen berichtete die Frau über ihren Mann und den Morgen seines Verschwindens und wie der Hund allein am Gartenzaun stand.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem angeklagten 54-Jährigen aus einem Ortsteil von Jessen vor, für den Tod des 77-Jährigen in Zahna-Elster in der Nähe der Lutherstadt Wittenberg verantwortlich zu sein. Beide sollen sich zufällig getroffen haben und in Streit geraten sein. Sie kannten sich aus einem Verfahren gegen den jetzt Tatverdächtigen, in dem der Rentner als Zeuge ausgesagt hatte.

Laut Anklage stieß der Angeklagte sein Opfer auf die Ladefläche eines Transporters und brachte ihn zu seinem Grundstück. Dort soll er dem Senioren Verletzungen an Rumpf und Kopf zugefügt und ihn gezwungen haben, Alkohol zu trinken. Später habe er ihn - möglicherweise mit einem noch unbekannten Mittäter - zum abgelegenen Wassergraben gebracht. Der Angeklagte habe gewusst, dass das Opfer im kalten Wasser in der Winterzeit nicht überleben würde.

Dort war der 77-Jährige am 28. Januar 2019 ertrunken gefunden worden. Am Tag zuvor war er mit seinem Hund Findus zum Gassigehen aufgebrochen und nicht zurückgekehrt. Die Witwe des Mannes berichtete, dass ihr Mann jeden Morgen um 5.00 Uhr aufstand, spätestens um 6.00 Uhr auf die Hunderunde ging. Um 7.00 Uhr habe er sie stets zum gemeinsamen Frühstück geweckt.

An jenem Morgen sei er nicht wie üblich zurückgekommen. Der Hund habe mit der sandigen, auf dem Boden schleifenden Leine am Gartenzaun gestanden. Sie habe sich gleich mit einer Taschenlampe auf die Suche gemacht. Kurz darauf war auch die Polizei da. Die Frau konnte die Tränen nicht zurückhalten. Die Aussage wurde zum Durchatmen kurz unterbrochen.

"Er hat niemandem etwas Böses getan, er war immer friedvoll", sagte die 76-Jährige. "Das hat niemand verdient." Sie selbst sei sehr krank geworden, habe den plötzlichen und gewaltsamen Tod nicht verwinden können. Bis heute nehme sie psychologische Hilfe in Anspruch. "Ich hoffe, dass es bald vorbei ist."

Nach umfangreichen Ermittlungen wurde der jetzt Angeklagte etwa 14 Monate nach der Tat im März 2020 inhaftiert. Der Mann war durch eine DNA-Spur ins Visier der Ermittler geraten.

Der Prozess wird am 23. September fortgesetzt. Insgesamt sind zehn weitere Verhandlungstage bis Anfang November geplant.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-200916-99-582932
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
Direkt aus dem dpa-Newskanal