Prozessauftakt im Milch-Drama:"Sie sollten die alle hinrichten"

Im Milchpulver-Skandal in China drohte den Angeklagten bislang die Todesstrafe. Die Anklageschrift verschont sie nun wohl vor dieser drakonischen Sühne.

In China hat am Mittwoch der Prozess gegen die frühere Chefin des Sanlu-Konzerns begonnen, die für den Skandal um Melamin-verseuchtes Milchpulver mitverantwortlich gemacht wird.

Prozessauftakt im Milch-Drama: Gesundheitliche Probleme wegen gefährlicher Lebensmittel: Seit Hu Schuang mit Milchpulver der Firma Sanlu gefüttert wurde, leidet das Kind unter Nierensteinen.

Gesundheitliche Probleme wegen gefährlicher Lebensmittel: Seit Hu Schuang mit Milchpulver der Firma Sanlu gefüttert wurde, leidet das Kind unter Nierensteinen.

(Foto: Foto: dpa)

Die 66-jährige Tian Wenhua und drei weitere Angeklagte sollen sich in der nordchinesischen Stadt Shijiazhuang wegen der Beimengung des Melamins verantworten, durch die sechs Neugeborene starben und 294.000 Kinder zum Teil schwere gesundheitliche Probleme bekamen.

Die Anklage lautet auf Herstellung und Verkauf schadhafter Produkte. Damit ist nach Auskünften von Anwälten eine lebenslange Haftstrafe das höchste Strafmaß. Vor Beginn des Prozesses war angenommen worden, dass der Angeklagten die Todesstrafe drohen könnte. Einige Beobachter gingen weiterhin davon aus, dass die Todesstrafe für die Verantwortlichen ausgesprochen werden könnte.

"Sie sollten die alle hinrichten", rief eine 45-jährige Prozessbeobachterin. "Mit diesen Leuten muss man hart umgehen, sonst lernen sie nie dazu."

Die Ermittlungen der vergangenen Wochen ergaben, dass 22 chinesische Milchprodukt-Händler verseuchte Milch verkauften. Der Skandal um das giftige Milchpulver flog im September auf. Sanlu war das erste Unternehmen, dem der Verkauf des verseuchten Produktes nachgewiesen wurde.

Die Hauptangeklagte Tian gab zu, gefälschte oder minderwertige Produkte hergestellt und verkauft zu haben, wie die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua meldete. Tian erklärte weiter, sie habe Mitte Mai von Beschwerden über die Qualität der Milch erfahren und daraufhin Untersuchungen eingeleitet. Die Behörden habe sie jedoch erst Anfang August schriftlich über den Fall informiert.

In den vergangenen Tagen begannen Xinhua zufolge bereits Prozesse gegen 17 weitere Verdächtige.

Der Hersteller der verseuchten Babynahrung boten den betroffenen Familien ein Entschädigungspaket in Höhe von rund 1,1 Milliarden Yuan (112 Millionen Euro) an. Anwälte der Kläger lehnten dies als zu niedrig ab. Wie lange die Prozesse dauern werden, war nicht klar.

Die Prozesse und die Ankündigung des Entschädigungspakets deuten darauf hin, dass die Behörden möglichst rasch einen Schlussstrich unter den Skandal ziehen wollen, der massive Probleme bei der Lebensmittelsicherheit in China ans Licht gebracht hat.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: