Vor neuneinhalb Jahren stürzte das Kölner Stadtarchiv ein, zwei Menschen kamen ums Leben - nun kommt die juristische Aufarbeitung voran: Das Landgericht Köln hat drei Angeklagte freigesprochen und einen Bauüberwacher der Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB), Manfred A., wegen fahrlässiger Tötung zu einer Bewährungsstrafe von acht Monaten verurteilt.
Nach 48 Verhandlungstagen sei das Gericht "froh und zufrieden, das Urteil verkünden zu können", sagte der Vorsitzende Richter Michael Greve. "Uns ist klar, dass die Bewährungsstrafe von außen erst mal milde aussieht", so der Richter und "möglicherweise ein gewisses Unverständnis" in der Öffentlichkeit hervorrufen werde. Dies sei jedoch nicht der "Maßstab unserer Entscheidung". Das dem 57-jährigen Bauüberwacher zur Last gelegte Fehlverhalten wertete das Gericht als einen Fehler in einer langen Kette. Ansonsten sei die berufliche Laufbahn von Manfred A. tadellos gewesen. "Natürlich hatte der Fehler weitreichende dramatische Folgen. Das ist hier allen klar", so Greve, der von einer Entscheidung mit Augenmaß sprach.
Einsturz des Kölner Stadtarchivs:"Es war wie bei einem Erdbeben"
Erst ein Knarren, ein Poltern, dann stürzte das Kölner Stadtarchiv zusammen. Dort, wo einst Dokumente und Urkunden lagerten, ist wenig später nur noch ein Trümmerhaufen zu erkennen.
Der seit Anfang des Jahres laufende Prozess stand unter Zeitdruck, weil die Taten im März 2019 verjähren. Insgesamt hatte die Staatsanwaltschaft sieben Angeklagten Baugefährdung und fahrlässige Tötung vorgeworfen. Fünf von ihnen waren vor Gericht erschienen, vier Männer und eine Frau. Ein Angeklagter war in der Zwischenzeit verstorben. Der Hauptbeschuldigte, ein Polier, saß zu Verhandlungsbeginn noch auf der Anklagebank, war im Laufe des Prozesses erkrankt und nicht mehr verhandlungsfähig. Bauleiter Lars. L, Ingenieur Joachim G. und KVB-Mitarbeiterin Petra A. wurden von der Strafkammer freigesprochen. Ihnen könne "kein Pflichtverstoß" nachgewiesen werden.
Alleinige Ursache des Unglücks sei eine Fehlstelle in einer Schlitzwand beim U-Bahnbau gewesen. "Wir sind uns sicher, dass niemand diese Folgen wollte", so der Richter. Bei dem Einsturz am 3. März 2009 sind nicht nur wertvolle Archivalien zerstört bzw. beschädigt worden - sondern auch zwei Menschen ums Leben gekommen. Zudem hatten zwei Dutzend Menschen nur knapp überlebt und 36 Anwohner hatten ihre Wohnung verloren, wie die Staatsanwaltschaft im Verlauf des Prozesses zusammengefasste. Der Sachschaden liegt nach Angaben der Stadt Köln bei 1,2 Milliarden Euro.
Die juristische Aufarbeitung des Einsturzes ist mit dem heutigen Urteil aber nicht beendet. Zivilrechtliche Verfahren, bei denen es vor allem um Schadensersatzforderungen geht, stehen noch an. Ebenso ein Strafverfahren gegen einen Oberbauleiter, der allerdings schwer erkrankt ist, sodass es sein könnte, dass er bis zur absoluten Verjährung nicht wieder verhandlungsfähig sein wird.