Prozess um Bluttat im Jobcenter Neuss:Mord oder Totschlag?

Handelt es sich bei der Bluttat im Jobcenter von Neuss um kaltblütigen Mord? Die Verteidiger des Angeklagten sprechen in ihrem Plädoyer von "affektivem Erregungszustand". Die Staatsanwaltschaft sieht das anders.

Vorsätzlicher Mord oder Affekttat? Im September 2012 betritt ein Mann das Jobcenter im nordhrein-westfälischen Neuss. Wenig später ist eine Sachbearbeiterin tot, erstochen. Die Hintergründe der Tat sind bis heute unklar. Die Forderungen von Staatsanwaltschaft und Verteidigung gehen zum Ende des Prozesses vor dem Düsseldorfer Landgericht auseinander.

Die Verteidiger des Angeklagten sehen den Tatbestand des Mordes nicht erfüllt, plädierten aber auf eine Haftstrafe von höchstens 15 Jahren für ihren Mandanten. Sie zeigten sich in ihrem Schlussvortrag überzeugt, dass ihr Mandant kein vorsätzliches Tötungsdelikt begangen habe. Sie beantragten eine Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung mit Todesfolge oder wegen Totschlags. In beiden Fällen wären 15 Jahre die Höchststrafe.

Die Staatsanwaltschaft wertet die Tat als heimtückischen Mord; sie hat lebenslange Haft beantragt - ebenso wie die Anwälte der Nebenkläger, die Eltern der getöteten Frau, deren Ehemann und elf Jahre alter Sohn.

Das mögliche Motiv des Mannes hatte Fassungslosigkeit ausgelöst: Der mutmaßliche Täter hatte nach eigenem Bekunden das Jobcenter verdächtigt, mit seinen Daten Missbrauch zu treiben. Die Verteidigung von A. unterstrich in ihrem Plädoyer, S. habe in einem "affektiven Erregungszustand" gehandelt. Die Tat hinterlasse ein großes Fragezeichen, sagte einer der Anwälte.

In seinem letzten Wort vor Gericht äußerte der Angeklagte Bedauern über seine Tat. "Durch Zufall ist das passiert", sagte der 52-Jährige. "Es tut mir leid." Zwei Gutachter hatten den Angeklagten als schuldfähig eingestuft.

Das Urteil soll an diesem Freitag gesprochen werden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: