Süddeutsche Zeitung

Prozess:Schlüsseldienst-Kunden abgezockt: Prozess wegen Millionen-Betrugs

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Zwei Angeklagte sollen bundesweit mehr als 1000 Kunden getäuscht haben. Mit schlechten Monteuren, überteuerten Rechnungen und mutwilligen Beschädigungen.

Von Max Sprick

Geldern am Niederrhein, nahe der Grenze zu den Niederlanden, war bislang eine Gemeinde mit Schlössern, Mühlen und Herrenhäusern. Jetzt ist Geldern am Niederrhein der Ort, an dem ein mutmaßlicher Betrugsfall seinen Ursprung hat, der deutschlandweit mehr als tausend Kunden betrifft. Zwei Männer, 57 und 39 Jahre alt, sollen zwischen 2008 und 2016 mehrere Millionen Euro mit ihrem Schlüsseldienst-Unternehmen erbeutet haben.

Die beiden sollen in ganz Deutschland mit Ortsnetz-Telefonnummern geworben haben, damit Anrufer glaubten, sie würden mit örtlichen Handwerksbetrieben telefonieren. Tatsächlich sollen die dann beauftragten Techniker reihenweise unzureichend ausgebildete Monteure gewesen sein. "Denen ist nur am Anfang gezeigt worden, wie eine zufällig zugefallene Tür einfach zu öffnen ist", sagte Gerichtssprecher Alexander Lembke der Rheinischen Post. Bei den Kunden sollen sie weite Anfahrten aus Geldern abgerechnet, schlechte Arbeit geleistet und zum Teil unnötige Leistungen ausgeführt haben. Teilweise sollen sie Schlösser unnötig beschädigt haben, um weiteres Material zu verkaufen, und am Ende wurden viel zu hohe Preise verlangt - egal, ob die Tür am Ende überhaupt auf war.

Heute beginnt vor dem Landgericht Kleve der Prozess gegen die Schlüsseldienstunternehmer. Angeklagt sind sie wegen Betrug und Wucher in mehr als 1000 Fällen. Außerdem wird ihnen vorgeworfen, Umsatzsteuern in Höhe von 5,8 Millionen Euro hinterzogen zu haben und Lohnsteuern und Sozialversicherungsabgaben von insgesamt 10,5 Millionen Euro sollen nicht abgeführt worden sein.

Mehr als ein Jahr lang dauerten die Ermittlungen gegen die beiden Männer an - vor allem, weil die Zahl der Fälle immer weiter wuchs. Immer mehr betrogene Kunden meldeten sich. Ob diese im Falle einer Verurteilung der Schlüsseldienst-Unternehmer im Strafprozess ihr Geld wieder bekommen, ist nicht sicher. In Regel müssten Geschädigte ihre Ansprüche in einem separaten Zivilprozess geltend machen, sagte Gerichtssprecher Lembke.

Für den Prozess sind schon jetzt 28 Fortsetzungstermine angesetzt. Mehr als 100 Zeugen sollen gehört werden - vom heutigen Dienstag an werden die Anklageschriften verlesen. Davon gibt es drei Stück, "und die sind ellenlang", sagte Lembke.

Bislang hätten die Angeklagten die Anschuldigungen zurückgewiesen und sich bedeckt gehalten. "Man kann insgesamt sagen, dass sie den Vorwürfen entgegengetreten sind", sagte Lembke: "Sie bestreiten das", und zwar "im Prinzip vollumfänglich". Zu weiten Teilen hätten sie von ihrem Schweigerecht Gebrauch gemacht.

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