Prozess:Oberstes Gericht bestätigt Haftstrafe für Kapitän der Costa Concordia

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  • Der Ex-Kapitän der Costa Concordia muss wegen der Havarie des Kreuzfahrtschiffes für 16 Jahre ins Gefängnis.
  • Das hat das oberste Gericht Italiens endgültig entschieden.
  • Francesco Schettino soll bereits im Gefängnis sein.

Von Oliver Meiler, Rom

Francesco Schettino muss ins Gefängnis, definitiv. Der römische Kassationshof, Italiens höchstes Gericht, hat den Kommandanten der verunglückten Costa Concordia am Freitag in dritter und letzter Instanz zu 16 Jahren Haft verurteilt. Selber mochte er nicht dabeisein bei der Urteilsverkündung. Seine Anwälte sagten, er halte sich an einem geheimen Ort auf, weil er die Kameras fürchte. Doch Schettino, betonen sie, werde sich natürlich sofort stellen. Er wird seine Haft im Gefängnis Poggioreale in Neapel absitzen müssen, er kommt aus der Gegend.

Fünfeinhalb Jahre hat die Justiz gebraucht, um den Fall um "Kapitän Feigling", wie ihn die Medien nannten, zu beenden. Begonnen hatte er am 13. Januar 2012 mit eindrücklichen Bildern aus einer klaren Winternacht. Sie zeigten ein großes Schiff, das wie ein gestrandeter Wal an der Küste der toskanischen Insel Giglio lag - halb gekentert schon. Die Costa Concordia hatte sich vor der Insel "verneigt". So nannten sie das spektakuläre und gefährliche Passieren der Stelle. Diesmal ging die Show schief. Das Schiff mit 4229 Personen an Bord lief auf einen Felsen auf, neigte sich zur Seite und ging unter. 32 Menschen starben, 193 wurden verletzt.

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Bald war ausgemacht, dass Schettino alle Schuld trug. Man warf ihm nicht nur den "inchino" vor, die Verneigung. Sondern auch, dass er das kenternde Schiff mit einer Rettungsschaluppe verließ, bevor es ganz evakuiert war. Berühmt wurde der mitgeschnittene Austausch zwischen Schettino und Gregorio De Falco, dem Dienstchef der Küstenwache von Livorno: "Steigen Sie sofort wieder an Bord, verdammt noch mal", herrschte ihn der über Funk an, Schettino aber weigerte sich. Alles sprach gegen Schettino - auch sein selbstgefälliger Auftritt im Gericht, Pomade im langen Haar. Das Gericht in Grosseto verurteilte ihn wegen fahrlässiger Tötung in 32 Fällen, wegen der Verursachung einer Katastrophe und dafür, dass er Behinderte und Kinder im Stich gelassen habe. Das Berufungsgericht von Florenz bestätigte das Urteil.

Der Ankläger am Kassationshof war zwar der Meinung gewesen, das Strafmaß von 16 Jahren und einem Monat sei zu milde. Für Oberstaatsanwalt Francesco Salzano hat sich Schettino mit "bewusster Schuld" beladen, als er seine Dienstpflichten vernachlässigte. Die Richter hielten am ursprünglichen Strafmaß fest. Für die Verteidigung hat sich die Justiz in ihren Mandanten "verbissen", weil er ihr als "idealer Schuldiger" erschienen sei. Seine Rolle sei gezielt so ausgeschmückt worden, dass das Publikum Schettino als Wichtigtuer wahrnehme. Oftmals trug der freilich selbst dazu bei, seinem Ruf zu schaden. Deshalb riet ihm sein Anwalt vor dem letzten Urteil davon ab, Interviews zu geben. "Es ist wohl besser, mein Klient redet nicht mehr", sagte Saverio Senese auf Anfrage.

Stattdessen gibt es jetzt einen Film, in dem sich Schettino gegen die Anschuldigungen wehrt. "Die Ehre eines Seemanns", so heißt das Video, ist 18 Minuten lang. Schettino beteuert darin, die Vorwürfe gegen ihn seien alle falsch. Er sei nicht geflohen, er habe das Schiff erst im allerletzten Moment verlassen. Er habe auch nicht zurück an Bord gehen können, wie das De Falco gefordert habe. "Ich kann es beweisen", sagt er im Film.

Die Beteuerungen kamen zu spät. Für viele Angehörige war es unverständlich und unerträglich, dass Schettino bis heute auf freiem Fuß geblieben war - seit der Katastrophe vor fünfeinhalb Jahren also, für die der Ex-Kapitän nun ins Gefängnis muss.

© SZ vom 13.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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